Viel mehr als nur eine Brücke…

Am Wochenende konnte die Bevölkerung die neue Trambrücke zwischen Straßburg und Kehl bewundern. Mit Volksfest und bei strahlendem Wetter. Eine Brücke, die wie ein Versprechen ist.

Die neue Trambrücke ist mehr als nur ein Infrastrukturprojekt - sie ist der Ausdruck einer europäischen Integration. Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Brücken verbinden. Ein Satz, der wie ein Allgemeinplatz daherkommt. Und trotzdem stimmt er, und wie! Am Wochenende wurde bei sommerlichem Wetter die neue Trambrücke zwischen Kehl und Straßburg eingeweiht, auf der ab 2017 die Tram zwischen der deutschen Grenzstadt und der Europametropole rollen wird. Tausende Menschen strömten am Samstag und am Sonntag auf die Brücke und feierten ein großes Fest. Denn diese Brücke ist weitaus mehr als „nur“ ein neues Stückchen Infrastruktur.

Als die Planung für das Projekt der Erweiterung der Straßburger Tram nach Kehl in der entscheidenden Phase war, gab es einige wenige Kritiker, die mit nackten Zahlen wedelten und versuchten nachzuweisen, dass das Verkehrsaufkommen zwischen beiden Städten nicht ausreichend sei, um den Bau dieser neuen Struktur zu rechtfertigen. „Warum nicht alles beim Alten belassen und den Verkehr auf die Buslinie 21 beschränken, die ohnehin zwischen Straßburg und Kehl fährt,“ – so lautete damals die Frage. Eine sehr kühle, berechnende Frage, denn einerseits wird die neue Tramlinie viele Menschen überhaupt erst veranlassen, aus der Ortenau ohne Parkplatzprobleme nach Straßburg zu fahren (beispielsweise, nachdem man sein Auto hinter dem Kehler Bahnhof parkt und dann mit der Straßenbahn mitten hinein in die Straßburger Innenstadt fährt) und andererseits geht es bei diesem Projekt nicht einzig und alleine darum, Menschen von A nach B zu befördern.

Denn diese Integration beider Rheinufer ist wie ein Versprechen. Das Versprechen, dass sich hier am Rhein die Geschichte niemals wiederholen wird, dass nie wieder Deutsche in unfriedlicher Absicht französischen Boden betreten und umgekehrt ist diese neue Tramlinie das Statement der Franzosen, dass nach mehr als 70 Jahren die Vergangenheit in der Vergangenheit angekommen ist. Die durch die neue Tramanbindung entstehende Integration zwischen beiden Städten mit ihrer bewegten Geschichte ist das Sahnehäubchen auf der Aussöhnung zwischen beiden Ländern, an der nach dem letzten Weltkrieg zahlreiche Akteure mit großem Engagement mitgewirkt haben.

Diese neue Trambrücke verbindet nicht nur, sie ist eine Erklärung des gegenseitigen Verständnisses, der Ausdruck des gemeinsamen Willens, hier am Rhein ein Stück europäische Realität zu schaffen, in Zeiten, in denen nicht nur in Frankreich und Deutschland, sondern in ganz Europa der Neonationalismus grassiert, neue Mauern und Stacheldrahtzäune gezogen werden. Der Rheinische Humanismus findet seinen modernen Ausdruck in genau solchen Projekten wie dem der Tram zwischen Straßburg und Kehl und es ist ein Grund zur Freude, dass wir am Oberrhein ein solch positives Zeichen nach Europa aussenden! Das mag antizyklisch sein, wird dadurch aber umso richtiger!

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