Gut gedacht, schlecht gemacht

In Straßburg möchte die Stadtregierung das Auto so weit wie möglich aus der Innenstadt verbannen. Keine schlechte Idee, aber muss man deswegen gleich sozial schwache Menschen aus der Innenstadt aussperren?

Die beliebten grünen Mitfahrräder in Straßburg werden nun auch immer teurer. Foto: Kevin.B / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Die Grünen in Straßburg waren vor drei Jahren angetreten, um die Stadt zu verändern. Einer der wichtigen Punkte war es, die Innenstadt möglichst autofrei zu bekommen. Das ist eine Idee, der man sich mit etwas Nachdenken nicht verschließen kann, denn das Konzept „lebenswerte Innenstadt“ passt langfristig nicht mit dem Konzept „überall hin mit dem PKW“ zusammen. Doch wenn man die Innenstadt autofrei bekommen möchte, sollte man vielleicht nicht an jeder Stelle finanziell zuschlagen, wo es um moderne Mobilität geht.

Los ging es mit der Erhöhung der Parkgebühren, die heute 35€/3h in der Innenstadt betragen. Dann wurden die Preise für den öffentlichen Nahverkehr erhöht. Und nun steigen die Preise für das Anmieten der beliebten Vel’Hop-Mietfahrräder um stramme 20 % – das Ergebnis ist, dass sich künftig nur noch Begüterte einen Ausflug in die Innenstadt leisten können, denn man kann auch nicht eine ganze Stadt zum Fußgänger-Dasein verdonnern. Es gibt Menschen, die wollen und die können nicht aus den innenstadtfernen Vierteln per pedes in die Stadt kommen.

Doch wer inklusive und moderne Mobilität will, sollte keine exklusiven und letztlich altbackenen Konzepte präsentieren. Es mag sein, dass die Innenstadt-Philosophie der Grünen richtig ist, die Umsetzung ist ziemlich mau. Von der Kommunikation mal ganz abgesehen, doch die ist seit drei Jahren ohnehin eine Art schlechter Witzin Straßburg. Geschenkt.

Und so verwandelt sich die Straßburger Innenstadt in ein Paradies für begüterte Grüne mit Häuschen in Mittelhanglage, zwei oder drei E-Fahrrädern in der Garage und dem nötigen Kleingeld, diese auch bei Diebstahl zu ersetzen. Nur, der Prozentsatz der so Privilegierten ist verschwindend gering und die Menschen, speziell in den sozial abgehängten Vierteln, werden es nicht klaglos hinnehmen, dass sie nun über den Geldbeutel vom sozialen und kulturellen Leben ausgeschlossen werden.

In den hohen Sphären der Politik ist vermutlich noch nicht angekommen, dass es immer mehr Menschen gibt, die täglich vor der Wahl „Essen oder…“ stehen. In anderen Städten hat man das allerdings erkannt und bietet heute einen kostenlosen oder extrem günstigen Öffentlichen Nahverkehr an. Wenn man es attraktiv machen will, nicht mit dem Auto, sondern mit Bus oder Tram in die Stadt zu fahren, dann sind Preiserhöhungen für den Öffentlichen Nahverkehr nicht unbedingt das beste Mittel.

Und nun also Vél’Hop. Die hübschen grünen Fahrräder, bei Touristen, Studenten und Einheimischen gleichermaßen beliebt und ein viel und gern genutztes Verkehrsmittel, werden jetzt auch deutlich teurer. Der Preis des Jahresabonnements für einen Erwachsenen (und Jahresabos gibt es nur noch für Erwachsene), steigt von 84 € auf 108 € und auch die anderen Formate (Tag, Woche, Monat) werden deutlich teurer. Dass der Service dafür nun auf die ganze Eurometropole ausgedehnt wird, macht das alles auch nicht besser.

Der „grüne Umbau“ der Stadt Straßburg ist sicherlich gut gedacht und, ebenso wie in fast allen Städten der Welt, dringend notwendig. Doch gut gedacht ist noch nicht gut gemacht. Das Auto in der Innenstadt weitgehend zurückfahren, gut. Doch gleichzeitig die Preise für praktisch alle „sanften“ Verkehrsmittel zu erhöhen, ist ein Fehler. Ob nun ab heute alle Straßburger wie gewünscht zu Fußgängern werden, ist mehr als fraglich. Wer weiß, vielleicht kümmern sich die Stadtoberen nach ihren ausgedehnten Sommerferien noch einmal um die Frage. Falls sie diese Probleme überhaupt mitbekommen…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste