Handeln. Nicht reden.

Angesichts der extremen Kälte dürfte es momentan nur eine Priorität aller öffentlichen Dienste geben – das Retten von Menschenleben.

So sieht der Künstler Richard Rappaport den Kältetod. Der gerade auf dem Weg ist. Foto: Richard Rappaport / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Sie sind stolz, die guten Menschen in den Verwaltungen. Während die hohe Politik sinnvolle Verhaltenstipps für Obdachlose verteilt („Gehen Sie möglichst nicht ins Freie“…), feiern sich in vielen Städten die Verantwortlichen dafür, dass sie hier und da eine Turnhalle zum Übernachten öffnen. Leider bleibt es oft bei den Ankündigungen und ein Gang durch die Städte zeigt, dass das alles nicht ausreicht, dass nach wie vor Obdachlose frierend in den Straßen sitzen und bei den Temperaturen ernsthaft Gefahr laufen, vor den Augen aller zu erfrieren.

Genau das geht nicht. Wie kann es sein, dass bei minus 10 Grad Menschen auf dem Boden hocken und um ein paar Euro für einen Kaffee oder etwas zu Essen betteln müssen? Warum sind nicht alle, aber absolut alle Kräfte mobilisiert, warum werden keine Notunterkünfte in Bürgermeisterämtern, bei der Feuerwehr, dem Technischen Hilfsdienst, in den öffentlichen Sälen geschaffen? Es geht nicht darum, Menschen in Not in diesen Einrichtungen eine dauerhafte Bleibe zu verschaffen, sondern es geht darum zu verhindern, dass Menschen erfrieren.

Doch bleibt nach wie vor ein Großteil dieser Arbeit karitativen Organisationen und privaten Vereinen überlassen, die mit unglaublichem Einsatz alles daran setzen, dass die Schwächsten Elemente unserer Gesellschaften nicht erfrieren. Dass Armut ein Kriterium für den Ausschluss aus der Gesellschaft ist, das weiß man und das ist bitter. Doch hier geht es nicht um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, sondern um die Teilhabe am Leben. Punkt.

Die Sinnlosigkeit öffentlichen Handelns zeigt sich gerade besonders eindrucksvoll in den Städten Frankreichs. Statt nach wie vor bewaffnete Soldaten in Sechsertrupps durch die Innenstädte paradieren zu lassen, könnten diese Soldaten gezielt die Städte nach Obdachlosen absuchen und diese in Notunterkünfte bringen, wo ihr Überleben sichergestellt wird. Doch in der Praxis kauern auch bei minus 10 Grad Obdachlose auf dem gefrorenen Boden und die Soldaten paradieren weiterhin sinn- und planlos durch die Gegend.

Die Kältewelle war lange angekündigt. Es gab ausreichend Zeit, entsprechende Notfallpläne mit entsprechender Kapazität zu erstellen und vorzubereiten. Man möchte gerade nicht in der Haut von Obdachlosen stecken, die vom Kältetod bedroht sind. Doch möchte man auch nicht in der Haut der Verantwortlichen stecken, sollte in diesen Tagen ein Obdachloser erfrieren – denn dann wäre die Frage nach der persönlichen Verantwortung kaum noch zu umgehen.

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