Hauptsache, die Stimmung ist gut…

Die Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Endes des I. Weltkriegs haben es deutlich gezeigt – niemand versteht sich mehr mit niemandem.

Man spürt förmlich die gegenseitige, transatlantische Zuneigung... Foto: ScS EJ

(KL) – Es gab einen Moment, an dem Donald Trump lächelte. Nämlich als Wladimir Putin auf der Ehrentribüne ankam. Ansonsten zeigte der amerikanische Präsident nur ein versteinertes Gesicht, verweigerte bei seiner Ankunft Emmanuel Macron den Handschlag und überhaupt war die Atmosphäre zwischen den Staats- und Regierungschefs zum Schneiden dick. Das kann in nächster Zukunft noch heiter werden.

Grund für die schlechte Trump’sche Laune war zweifellos ein Interview, das Macron kurz vor seiner Ankunft gegeben hatte und in dem er gesagt hatte, dass Europa deswegen eine neue, gemeinsame Armee braucht, da man sich gemeinsam gegen äußere Feinde wie Russland, China oder eben die USA wehren müsse. Das wiederum gefiel Trump überhaupt nicht, auch wenn er es war, der zumindest schon mal einen umfassenden Wirtschaftskrieg gestartet hatte, auch gegen die Europäer, wobei er diesen gleich mit auf den Weg gegeben hatte, dass die USA künftig nicht mehr bereit sind, die Probleme der Europäer militärisch zu regeln.

Macrons Rede zum 100. Jahrestag war großartig. Ein Statement für den Frieden, für unsere gemeinsame Verpflichtung, den Frieden auf der Welt zu fördern. Allerdings hatte Macron für diese Aussagen das falsche Publikum – auf der Ehrentribüne saß so ziemlich alles, was zurzeit auf der Welt Krieg führt, also die Kundschaft für unsere „heilige“ Rüstungsindustrie. Das klang dann ein wenig nach „Kauft unsere Waffen. Aber benutzt sie bitte nicht.“

Dann schwänzte Trump nicht nur den Besuch eines amerikanischen Soldatenfriedhofs aufgrund des leichten Regens, boykottierte das „Friedensforum“ und zeigte der Welt deutlich, was er von Europa hält: nichts.

Doch auch die europäische Spitze schaute sich wieder einmal mit großem gegenseitigem Unverständnis an. Wie will man auch Europa unter einen Hut kriegen, gegenüber Erdogan, gegenüber Saudi-Arabien, gegenüber Russland, gegenüber den USA? Doch ist an europäische Reformen nicht zu denken, denn es liegen momentan keinerlei vernünftige Vorschläge auf dem Tisch (sieht man mal von der Schaffung einer europäischen Armee ab, die allerdings wohl hauptsächlich dazu dienen soll, der deutschen und französischen Rüstungsindustrie neue Aufträge zu v erschaffen). Niemand arbeitet gerade an einem neuen europäischen Projekt, von dem zwar seit zwei Jahren alle reden, das aber von niemandem ernsthaft bearbeitet wird.

Klar, alle schauten sich treuherzig an und murmelten so schöne Sätze wie „wir schulden es den Opfern dieses Weltkriegs, dass sich so etwas nie wieder wiederholt“. Schöner Satz, der allerdings mit der Praxis wenig gemein hat, vor allem, da diejenigen, die solche schönen Sätze sagen, selbst Kriege führen.

Die Feierlichkeiten in Paris hätten eine schöne Feier werden können, ein Punkt des gegenseitigen Verständnisses, der Manifestation eines gemeinsamen Willens zum Frieden. Doch so weit wird es nicht mehr kommen, denn eigentlich wollen diejenigen, die sich in Paris getroffen haben, überhaupt keinen Frieden. Denn sie verdienen einfach zu viel Geld mit dem Krieg. Und plötzlich stellt man fest, dass das Wochenende in Paris vor allem eines war: ein Spitzentreffen der Scheinheiligkeit.

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