Schulz und Merkel auch „en marche“?

Das Erfolgsrezept von Emmanuel Macron überzeugt auch in Deutschland. Martin Schulz und Angela Merkel bereiten eine Große Koalition rund ums Thema Europa vor – ohne zu wissen, was sie wirklich wollen.

Die neue GroKo wird keine richtige Liebesheirat werden... Foto: Egdar Jiménez from Porto, Portugal / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – In der Politik ist vieles so vorhersehbar. Bereits einen Tag nach der Bundestagswahl am 24. September sagten wir voraus, dass es nach monatelangem Hickhack im Februar 2018 zur erneuten Bildung einer Großen Koalition kommen würde – und genau das passiert jetzt. Nur – was wird dabei herauskommen? Die von Angela Merkel und Martin Schulz angekündigte „neue Politik“ kündigt sich wie die Errichtung eines Potemkinschen Dorfes an. Viel Lärm um Nichts? Aber in einem sind sich die beiden einig – alles soll ungefähr so laufen wie beim französischen Präsidenten.

Dabei klingt alles erst einmal schön. So erklärte der neue starke Mann der SPD, Lars Klingbeil, dass „man nicht einfach so weitermachen könne, die Zeiten haben sich geändert und erfordern eine neue Politik“. Das hört man doch gerne. Auch, wenn ebenso wie in Frankreich völlig unklar ist, wie diese neue Politik aussehen soll. Aber das ist wohl auch zweitrangig, wichtig ist nur, seine Posten und Pöstchen für eine weitere Legislaturperiode zu sichern.

Dabei kopieren sie gerne den französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der das Kunststück geschafft hat, ohne ein konkretes Programm gewählt zu werden. Dabei half ihm, dass er ständig von Europa sprach, ohne allerdings konkrete Ideen zu präsentieren, wie dieses neue Europa aussehen soll. Schulz und Merkel machen es ihm nach – das Erfolgsrezept ist einfach zu gut.

Seit Sonntag wissen wir es also – Schulz und Merkel wünschen sich einen „neuen Politikstil“. Was die beiden im letzten Jahrzehnt davon abgehalten hat, die Dinge richtig zu machen, die ab morgen so toll laufen sollen, bleibt bislang ihr Geheimnis. Was die CDU von Angela Merkel und die SPD von Martin Schulz eint, ist allerdings weder der Wunsch nach einem neuen Politikstil, noch der Wunsch nach einer neuen Politik, sondern vor allem die Angst vor Neuwahlen, bei denen die traditionellen Parteien erneut auf die Nase fallen könnten. Diese Angst scheint auch Horst Seehofer, der Chef der bayerischen CSU, zu teilen – als habe er Kreide gefressen, beschwört er nun den Geist dieser neuen Großen Koalition. Wer hätte damit gerechnet…

Wenn nun auch die neue deutsche Regierung das französische Modell kopiert und sich als Regierung eine Wundertüte mit eingebautem Überraschungseffekt gönnt, werden seltsame Zeiten anbrechen. Natürlich ist es positiv, dass alle über Europa sprechen – doch wäre es langsam an der Zeit, mit den Beteuerungen aufzuhören, dass man „mehr Europa“ will und dafür zu beginnen, die Grundlagenarbeit für ein neues, solidarisches und soziales Europa zu leisten. Europa braucht endlich eine Verfassung, Europa muss, wie jedes andere Land auch, von einem demokratisch gewählten Parlament regiert werden (was dann auch die seltsamen Konstrukte Europäische Kommission und Europäischer Rat überflüssig machen würde) und bei den Europawahlen 2019 sollten wir alle darauf achten, welche Parteien und Kandidaten solche Vorschläge machen.

Denn wenn sich nun ganz Europa „en marche“ macht, ohne dass dieser Marsch eine erkennbare Richtung (außer dem Abbau sozialer Errungenschaften) hat, dann sind dem Zufall und den Extremisten Tür und Tor geöffnet. Das Superwahljahr 2017 ist vorbei, jetzt werden sie alle Farbe bekennen müssen – und das gilt sowohl für Angela Merkel und Martin Schulz, wie auch für Emmanuel Macron.

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