Ist das Leben ab sofort leer und traurig?

Die Olympischen Sommerspiele in Rio sind vorbei. Was sollen wir jetzt nur mit unseren Nächten anfangen? Es droht eine spätsommerliche Leere…

Bei so spannenden Wettbewerben wie dem 50 km Gehen traute man sich kaum, die Hand aus der Chipstüte zu nehmen... das war atemberaubend! Foto: U.S. Army / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(WB) – Was waren das für tolle Olympische Spiele in Rio! Bestens abgeschirmt von den Bewohnern der Favelas, die sich die Tickets zu den Veranstaltungen ohnehin nicht leisten konnten, traf sich die Jugend der Welt, um höher, schneller, weiter zu springen, zu schwimmen, zu reiten, zu boxen und jede Menge anderer Sportarten zu betreiben. Und was war das aufregend! Die Welt saß nachts vor dem Fernseher, um so aufregenden Sportarten wie 50 km Gehen oder Synchronschwimmen oder Skeetschießen zuzuschauen – und jede Minute vor dem Fernseher hat sich gelohnt!

Denn endlich konnte man auch einmal sogenannte Randsportarten bewundern, wie Gewichtheben, Golf und auch das gute alte Ringen ist einfach nicht totzukriegen. Es war, seien wir ehrlich, einfach großartig – die Spannung beim Dressurreiten war kaum noch zu überbieten und ein Dank an die moderne Technik, dass man endlich über gefühlte 36 Livestreams auch das 16tel-Finale im Badminton nicht verpassen musste. Das war klasse!

Ärgerlich nur, dass immer wieder Nörgler so Dinge wie Korruption, Doping, soziale Skandale rings um dieses wunderschöne und nicht kommerzielle Fest kritisieren müssen – wen juckt’s, dass die Russen dopen, das machen die anderen doch sicherlich auch! Und dass die Nestbeschmutzerin, die den Dopingskandal rund um das russische Team öffentlich gemacht hat, nicht antreten durfte und von daheim vermeldete, dass sie Morddrohungen erhalten haben, ja, Hand auf’s Herz, hat sie das nicht auch irgendwo verdient? Als Spaßbremse der Jugend der Welt?

Und dass Boxer von Punktrichtern, die während des Kampfs auf dem Bildschirm das Achtelfinale im Wasserball statt den zu bewertenden Kampf verfolgten, da das Ergebnis unabhängig vom Verlauf des Kampfs bereits vorher feststand, ja, ist das wirklich ein Aufreger? Natürlich nicht. Thomas Bach sei Dank – der Chef des Internationalen Olympischen Komitees sorgte für eine ausgewogene Veranstaltung, nicht zu viel Korruption, gerade genug, dass alle und vor allem sein Buddy Wladimir P. aus M. mit dem Verlauf zufrieden sein konnten.

Jeden Morgen der Blick auf den Medaillenspiegel, das hatte ab der zweiten Woche was, nachdem Deutschland endlich über ein paar Randsportarten nach oben rutschte. Jawoll, wir sind wer im internationalen Sport und pfiffige Zeitgenossen rechneten auch aus, dass wenn man die europäischen Medaillen zusammenzählen würde, die EU ganz, ganz weit vorne liegen würde. Wir sind Olympia, klasse!

Und jetzt? Was sollen wir jetzt mit unseren Nächten anfangen, wenn wir um 3:21 Uhr nicht mehr die Vorläufe über 400 Meter Hürden verfolgen können? Oder eine Stunde später beim Wettbewerb der Schnellfeuerpistolenschützen mitfiebern können? Der Spätsommer droht zum Jammertal zu werden – aber die Götter des Sports sind uns wohl gesonnen. Bevor es richtig schlimm wird, fängt nächste Woche die Fußball-Bundesligasaison wieder an. Sieht so aus, als wäre doch nicht alles so schlimm wie befürchtet.

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