Muss man jetzt dem König dankbar sein?

König Emmanuel I. hat seine eigene Entscheidung einkassiert – die Bouquinisten an der Seine werden während der Olympischen Spiele doch nicht verjagt.

Der König hat entschieden - die Bouquinisten dürfen während der Olympischen Spiele weiter ihre Bücher verkaufen. Foto: Nick Thweatt / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Wer kennt sie nicht, die grünen Kästen entlang der Seine, wo man seltene Bücher und andere Raritäten findet, während man am Seine-Ufer vor sich hin schlendert? Diesen Genuß betrachtete bis vorgestern der französische Alleinherrscher als eine Gefährung seiner megalomanen Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele und deshalb hatte er angeordnet, dass die Bouquinisten während der Olympischen Spiele zu verschwinden hätten. Nach massiven Protesten der Franzosen, nicht nur in Paris, rudert Emmanuel Macron nun zurück und erlaubt in seiner grenzenlosen Güte den Bouquinisten, ihre Boxen auch während der Olympischen Spiele zu betreiben. Aber muss man Macron dafür dankbar sein?

Der Grund, warum Macron die Bouquinisten verjagen wollte, war die Angst, dass die Stände der Buchhändler potentielle Terrornester seien und dass die Bouquinisten in ihren Boxen Sprengstoff lagern könnten, um die größenwahnsinnige Eröffnungsfeier auf der Seine zu sprengen. Die Entscheidung, die Bouquinisten zu verjagen (übrigens ohne irgendeine finanzielle Kompensation) traf Macron ebenso alleine wie nun die Entscheidung, seine Entscheidung wieder einzukassieren. Doch ist das wirklich kein Anlass zu Jubel oder Dankbarkeit, dass ein Alleinherrscher eine dümmliche Entscheidung nun wieder rückgängig macht.

Doch ist inzwischen jeder Grund in Frankreich willkommen, damit sich die „Macronie“ selbst bejubeln kann. Das ist verständlich, angesichts des Umstands, dass inzwischen 4 von 5 Franzosen diese Regierung und ihren Präsidenten am liebsten nach St. Helena schicken würden. Also bejubelt man sich eben selbst, wenn es schon die Franzosen in ihrer riesigen Mehrheit nicht tun.

Die Art und Weise, wie diese Olympischen Spiele in Paris organisiert werden, ist völlig aus der Zeit gefallen und erinnert in erster Linie an vergleichbare Veranstaltungen in den letzten Jahren in China oder Russland. Wenige Wochen vor Beginn dieser „Spiele“ steht noch kein Verkehrskonzept, sind die Sicherheitsfragen für die Eröffnungsfeier nicht geklärt, stehen die Polizisten auf den Hinterbeinen, da sie den Kopf für die Planlosigkeit der Politiker hinhalten müssen. Während der „Spiele“ können sich nicht einmal Pariser in ihrer Stadt frei bewegen, die Preise für Metro, Kaffee und Sandwiches explodieren und Übernachtungen während der „Spiele“ kosten in Paris ein Vermögen. Insofern sind es auch keine „Spiele“ für die Franzosen, sondern lediglich für begüterte Besucher und die Sponsoren, also für die Reichen unter den Reichen. Otto Normalverbraucher bleibt bei diesen „Spielen“ außen vor und in der Tradition anderer Veranstaltungen dieser Art, geht es lediglich darum, dass sich der Herrscher über das Land ein Denkmal setzen will. Dafür werden in einem Land, das in Europa den dritthöchsten Schuldenstand verzeichnet, Mittel mobilisiert, über die Frankreich gar nicht verfügt.

Und nun wurde in unendlicher Gnade verfügt, dass die Buchhändler an der Seine auch während der „Spiele“ ihre Bücher verkaufen dürfen. Frankreich ist dankbar und Macron sonnt sich in der Dankbarkeit seiner Landsleute. Seltsamerweise spricht jetzt auch niemand mehr über die völlig unverständliche erste Entscheidung, nämlich dass die Bouquinisten zu verschwinden haben, nein, heute ist Frankreich seinem Maximo Lider dankbar, dass er in seiner Güte den geplanten Anschlag auf eine kulturelle Einrichtung von Paris dann doch nicht durchführt. Doch ein Grund für Dankbarkeit ist das nicht. Vielmehr muss man sich die Frage stellen, was eigentlich in Frankreich los ist, dass eine einzelne Person nach Gutdünken über dieses Land bestimmt. Von einer großen Mehrheit der Franzosen wird diese Regierung nicht mehr unterstützt und wie demokratisch das alles am Ende des Tages ist, wird in Frankreich gar nicht mehr diskutiert. Vielmehr herrscht bei vielen Franzosen die Hoffnung, dass Macron nach den „Spielen“ das Parlament auflöst und Neuwahlen ausschreibt, denn so neofeudal kann es eigentlich nicht weitergehen.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste