Ja, was will er denn nun?

Die Welt rätselt, was Wladimir Putin wohl als nächstes vorhat. Und man muss feststellen, dass sich bisher alle getäuscht haben, die glaubten, die Absichten des Herrn Putin zu verstehen.

Was Putin wirklich will, das weiss momentan nur Putin... Foto: TASS News Agency / Kremlin.ru / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Bald ist es acht Monate her, dass Wladimir Putin die Ukraine überfiel. Seitdem führt er die Welt am Nasenring durch die Manege und Heerscharen von „Experten“ versuchen, die Gemüts-, Krankheits- und politische Verfassung des russischen Präsidenten zu analysieren. Bislang lagen alle diese „Experten“ falsch, in erster Linie die britischen Geheimdienste, bei denen niemand versteht, warum es ausgerechnet die Briten sind, die offizielle Stellungnahmen zu diesem Krieg abgeben. Aber so oder so, alle Interpretationen der Ziele von Putin waren bislang falsch und man wird weiterhin mit dem Schlimmsten rechnen müssen.

Dass die Lage weiter eskaliert, erkennt man am nuklearen Säbelrasseln aus Moskau, aber auch aus Washington. Statt zu deeskalieren, bauen beide Seiten weiterhin an einer nuklearen Bedrohung, die immer tiefer in den täglichen Sprachgebrauch einsinkt, so dass sich am Ende, wenn der nukleare Erstsschlag erfolgt, kaum noch jemand wundern wird. Aus dem „Undenkbaren“ ist eine absolut realistische Option geworden, bei der kein „Na, so weit wird er dann doch nicht gehen“ hilft. Denn Putin wird so weit gehen, wie Putin glaubt, gehen zu müssen. Was auf dieser Strecke an Opfern bleibt, interessiert den Kreml-Fürsten nicht.

Die eher grobe Umschreibung, nach der Putin eine Art „UdSSR 2.0“ ins Leben rufen will, trifft die Situation auch nicht ganz. Natürlich will Putin den Moskauer Einfluss auf die ehemaligen Sowjetrepubliken wiedergewinnen und auf diesem Weg ist er schon ein gutes Stück weitergekommen, was man beispielsweise am Abstimmungsverhalten dieser ehemaligen Sowjetrepubliken in der UNO-Vollversammlung erkennt, wo sie sich brav der Stimme enthalten und sich weigern, den russischen Angriffskrieg zu verurteilen. Doch auch Putin weiß, dass es nie wieder eine zentralistisch gesteuerte Sowjetunion geben wird und dass er im Idealfall anders, partnerschaftlicher mit seinen künftigen Partnern umgehen muss. Das Beispiel der „Kooperation“ mit Belarus ist nicht gerade dazu geeignet, Vertrauen in den anderen früheren Sowjetrepubliken zu schaffen.

Wie geht es nun also weiter? Momentan sieht es nicht danach aus, als würde irgendjemand seine Strategie ändern. Der Westen pumpt weiterhin Waffen und Geld in die Ukraine, die Front bewegt sich in Minischritten mal nach vorne, mal nach hinten, täglich sterben Menschen und Russland zieht seine immer wieder modifizierten Pläne durch. Ans Aufgeben denkt niemand.

Dieser Krieg wird noch sehr, sehr lange dauern. Militärisch nähern wir uns einer Patt-Situation, die momentan mehr an die Materialschlachten aus dem I. Weltkrieg erinnert als an einen „modernen“ Krieg. Man darf gespannt sein, ob und wann die Vernunft in dieser Kriegssituation zurückkehrt. Denn „Gewinner“ wird dieser Krieg nicht mehr hervorbringen.

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