Zentral-Europa wartet auf die nächsten Schritte von Putin

Wladimir Putin hat eine Drohkulisse in Zentral-Europa aufgebaut, die von den baltischen Staaten bis ans Schwarze Meer reicht. Doch die größte Gefahr droht der Ukraine.

Die Spannungen an der ukrainisch-russischen Grenze sind reel. Foto: Cabinet of Ministers of Ukraine / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Wladimir Putin ist ein geschickter Taktiker, der momentan die Probleme der Welt nutzt, um seine Pläne einer „UdSSR 2.0“ voranzutreiben. Hierzu hat er einen hybriden Mehrfrontenkrieg gestartet, der immer bedrohlicher wird – für Polen, die baltischen Staaten und vor allem für die Ukraine.

Putins Offensive begann bereits im Oktober, als er plötzlich die Gasmengen, die duch Belarus transportiert werden, um 77 % drosselte, was an den westlichen Börsen schiere Panik auslöste. Gleichzeitig machte Putin damit Werbung für die neue Gaspipeline „Nord Stream 2“, die den Amerikanern ein Dorn im Auge ist und die dabei ist, die westlichen Staaten zu spalten.

Dann folgte die perfide Organisation der Flüchtlings-Welle über die Türkei, Russland und Belarus, die immer noch für Spannungen an der Grenze zwischen Belarus und Polen und den baltischen Staaten sorgt und jederzeit eskalieren kann.

Währenddessen hat Putin Truppen in großer Stärke entlang der ukrainischen Grenze stationiert. Nach der Annektierung der Krim 2014 ist es ein offenes Geheimnis, dass Putin bereits die beiden Dombass-Regionen Luhansk und Donetzk unterwandert und die dortigen Separatisten logistisch ausgestattet hat. Die Gefahr einer erneuten militärischen Intervention in der Ost-Ukraine ist sehr konkret, insbesondere laut der Berichte von oppositionellen Beobachtern in Moskau, die von kriegstreiberischer Stimmung im Kremml berichten.

Doch Putin zielt nicht nur auf die Ukraine ab. Auch in den baltischen Staaten befinden sich „5. Kolonnen“, russische Bürger, die nach der Unabhängigkeit Estlands, Litauens und Lettlands als „Bürger 2. Klasse“ behandelt wurden und ebenfalls auf eine „Revanche“ warten.

Die USA haben eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine abgegeben und Putin mehrfach davor gewarnt, in der Ukraine „einen erneuten Fehler“ zu begehen. Aber wird das reichen? Putin testet gerade den Westen und insbesondere die NATO, und kann dabei alle drei Drohszenarien abwechselnd einsetzen.

Während zahlreiche westliche Intellektuelle den Dialog mit Putin fordern, kann dieser frei agieren. Aber worüber soll man mit Putin verhandeln? Über seine Träume, eine „UdSSR 2.0“ aufzubauen und die Geschichte zu revidieren? Soll man ihn höflich bitten, doch seine Provokationen des Westens einzustellen? Die baltischen Staaten in Ruhe zu lassen?

Die NATO und die EU sollten jetzt Stärke zeigen, doch selbst das klappt nicht, weil Polen europäische Hilfe an der Grenze zu Belarus ablehnt, wie ein trotziges Kind, weil das Land wegen seiner Verstöße gegen europäische Grundregeln vom Europäischen Gerichtshof verurteilt wurde. Putin verfolgt diesen innereuropäischen Zoff mit einem Grinsen im Gesicht und schiebt seine Figuren auf dem Schachbrett seiner Politik hin und her.

Auch, wenn der Westen gerade vollauf mit sich selbst und dem verzweifelten Management der Pandemie beschäftigt ist, so darf man die Situation in Zentral-Europa nicht aus dem Auge verlieren. Denn diese Situation ist gefährlich und kann jederzeit explodieren.

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