Ja, wo isser denn?

Wie so oft, wenn sein Land in Flammen steht, ist der Präsident nicht da. Dies ist nicht nur ein Zeichen der Geringschätzung seiner Landsleute, sondern auch ein Zeichen, dass der Mann Angst hat.

Jung, dynamisch, erfolgreich - so sieht sich Emmanuel Macron. Allerdings ist er auch der einzige, der ihn so sieht... Foto: DonkeyHotey / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Emmanuel Macron in China. Hui, da hat er aber Xi Jinping mächtig unter Druck gesetzt. Macron hat den mächtigsten Mann der Welt aufgefordert, auf dessen Partner Russland so einzuwirken, dass dieser seinen Krieg in der Ukraine beendet. Es ist nicht überliefert, ob Xi Jinping nur den Kopf geschüttelt oder in lautes Lachen ausgebrochen ist, aber immerhin ermöglicht dieser Besuch Macron, wenigstens international so zu tun, als habe er ein Gewicht. In Frankreich hat er das nicht mehr, und dass er tunlichst vermeidet der Bevölkerung zu begegnen, das hat seine Gründe. Denn eine solche Begegnung könnte momentan sehr unerfreulich für den Präsidenten verlaufen.

Angesehen davon, dass Macron bis heute die größten Demonstrationen in Frankreich seit 40 Jahren nicht einmal wahrnimmt, das zeigt, wie weit weg von Frankreich dieser Mann inzwischen agiert. An praktisch allen Demonstrationstagen seit dem 19. Januar war Macron entweder im Ausland oder nicht in Paris. Hat der Mann Angst davor, dass seine unglaublich arrogante Haltung gegenüber seinen Landsleuten so enden könnte wie für Ludwig XVI., einen seiner illustren Vorgänger, der in den Wirren der Revolution kopflos wurde?

Doch selbst auf internationaler Bühne nimmt kaum noch jemand diesen Präsidenten ernst. Dass China seine Politik und Zusammenarbeit mit Russland und den BRICS-Staaten aufgrund von Macrons Aufforderung nicht beenden wird, ist jedem klar. Bis auf Emmanuel Macron, der erneut und ohne europäisches Mandat durch die Welt reist, um den Mächtigen der Welt zu erzählen, wie man ein Land und eine Demokratie zu managen hat. Doch niemand hört mehr den Lektionen eines Präsidenten zu, der es nicht einmal schafft, seine Hauptstadt halbwegs in Ordnung zu halten, der für seine persönlichen Ambitionen das demokratisch gewählte Parlament aushebelt und dessen Antwort auf Proteste auf unangenehme Art derjenigen ähnelt, mit der Demonstrationen in Moskau gehandhabt werden.

Der Platz eines Präsidenten wäre in einer solch angespannten Situation an der Seite des Volks, seine Aufgabe wäre es, das Land zu befrieden, statt ständig weiter Öl ins Feuer zu gießen. Die Aufgabe des Präsidenten wäre es ebenfalls, Frankreich nicht sehenden Auges in die Arme der Rechtsextremen zu treiben und damit eine Art der Politik der verbrannten Erde zu betreiben. Doch das überlässt er lieber seinen völlig von der Situation überforderten Ministern der dritten oder vierten Garde, denn sich mit den Befindlichkeiten seiner Bevölkerung zu beschäftigen, ist in Macrons Augen deutlich unter der Würde eines Staatenlenkers, der sich selbst als GOAT sieht, doch dessen wahre Persönlichkeit in den letzten Monaten offen ans Tageslicht getreten ist.

Nehmen wir es mal vorweg – Macrons Besuch in China wird keinerlei Auswirkungen haben, Xi Jinping wird weder seine Partner aus Russland, noch diejenigen in den BRICS-Ländern im Schnee stehen lassen und die ganze Reise nach China wird vor allem einem Zweck gedient haben – nämlich dass Macron einmal mehr dem aufgestauten Zorn seiner Landsleute entgeht. Nur, vier Jahre lang wird er das nicht durchziehen können – so lange dauert sein Mandat noch. Die „Ära Macron“ ist in der Tat der größte Irrtum der Franzosen in der V. Republik und die einbrechenden Zustimmungswerte Macrons zeigen, dass die Franzosen inzwischen verstanden haben, wer Macron wirklich ist. Kein Wunder, dass der Mann alles daran setzen wird, Neuwahlen zu vermeiden. Es könnte passieren, dass seine Partei in einem solchen Fall unter „Andere“ aufgelistet würde…

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