Kampf um die Vakzine

Es passiert genau das, was alle verhindern wollten: Alle balgen sich um die Impfdosen und von denen gibt es einfach nicht genug. Nirgendwo. Doch ist das kein Grund, nun das Hauen und Stechen um die Vakzine zu starten.

Das ist das neue Vakzin, das von der Johnson&Johnson-Tochter "Janssen" produziert wird. Foto: New York National Guard Flickr / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Nun ist also auch das Vakzin von Johnson & Johnson in Europa zugelassen worden und es soll enorme Vorteile bieten. Zum einen soll eine einzige Impfdosis ausreichen und zum anderen kann das Vakzin im Kühlschrank gelagert werden – zwei Vorteile, die nicht unerheblich sind. Allerdings warnt auch schon die SPD vor Verzögerungen bei den Lieferungen des US-Herstellers. So sagte der Europaabgeordnete Tiemo Wölken: „Da die EU noch keine eigenen Abfüll- und Verschließ-Anlagen hat, sind wir von Exporten aus den USA abhängig“ und das ist nicht ohne. Denn genauso, wie sich Europa weigert, in Europa produzierte Impfdosen ins nicht-europäische Ausland zu liefern, sind auch die USA nicht sonderlich erpicht, in den USA produzierte Vakzine nach Europa zu liefern. Und so versucht nun jedes Land, selbst möglichst viele Dosen zu ergattern. Und nach uns die Sintflut.

Von den großspurigen Ankündigungen, jede Woche x Millionen Impfungen vornehmen zu können, rücken diejenigen, die diese Aussagen getroffen haben, immer weiter von diesen Zielsetzungen ab. Und es ist bereits heute völlig klar, dass es noch lange Monate dauern wird, bis die Bevölkerungen soweit durchgeimpft sind, dass tatsächlich so etwas wie eine kollektive Immunität eintritt. Bis dahin hat das Virus Zeit weiter zu mutieren, sich weiter zu verbreiten und weiterhin Unheil anzurichten. Logischerweise bedeutet dies, dass die Impfungen alleine nicht ausreichen werden, um dieses Virus in den Griff bekommen zu können.

Die Impfungen können folglich nur ein Pfeiler in einer Strategie sein, die mehrere Elemente aufweisen muss. Neben den Impfungen muss sofort in bereits existierende Therapien investiert werden, die nur deshalb nicht breit zum Einsatz kommen, weil die Mittel fehlen, um sie in Mengen produzieren zu können. Angesichts der Milliarden, die in die Entwicklung von Vakzinen gesteckt wurden, ist es unverständlich, warum bisher nur 0,1 % der Ausgaben in diesem Bereich in die Entwicklung von Therapien gesteckt wurden. Dies muss schleunigst geändert werden. Dazu müssen natürlich die sanitären Barriere-Gesten weiter praktiziert werden und auch die Kontakte müssen fürs erste weiter reduziert werden. Und all diese Dinge müssen nicht etwa lokal organisiert werden, sondern europaweit und gleichzeitig, da wir uns ansonsten auf Jahre mit diesem Virus herumschlagen müssen.

Dass die Solidarität zwischen den europäischen Ländern ebenso wenig funktioniert wie zwischen Europa und dem Rest der Welt, ist ein Armutszeugnis und beweist, dass viele Regierungen das Konzept „Europa“ noch nicht begriffen haben. Und so strickt eben jeder weiter vor sich hin an lokalen, regionalen oder nationalen „Lösungen“, die allesamt in einer mobilen, globalisierten Welt zum Scheitern verurteilt sind.

Viel Zeit bleibt nicht, um endlich an europäischen Strategien zu arbeiten. Doch wenn man alleine in Deutschland sieht, dass es in 16 Bundesländern 16 verschiedene Corona-Verordnungen gibt und selbst innerhalb der Länder Städte, Gemeinde und Kreise im Grunde das tun, was ihnen passt (Beispiel Weimar, wo man nun die Alarmschwelle bei einer Inzidenz von 200 festlegt, während sie bundesweit eigentlich bei 50 liegen sollte), dann bleibt nur wenig Hoffnung, dass es gelingen wird, das Coronavirus und seine Varianten erfolgreich zu bekämpfen. Wenn unsere Regierungen nicht endlich anfangen, europäisch zu denken und zu handeln, dann werden wir noch sehr, sehr lange in Lockdown-Wellen leben.

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