Links? Mitte? Rechts? Die französischen Grünen suchen ihre Ecke…

Ähnlich wie in Deutschland suchen auch die französischen Grünen ihre genaue Verortung im politischen Spektrum. Sicherheitshalber will man die Mitglieder mal fragen.

Cécile Duflot (EELV) steht für die grünen "Fundis" in Frankreich. Foto: Xavier Cantat / Wikimedia Commons / CC-BY 3.0

(KL) – Wenn sich politische Parteien nicht so ganz sicher sind, wo sie eigentlich hin gehören, orientieren sie sich erst einmal in eine imaginäre Mitte. Ins Zentrum. Das es aber gar nicht gibt, denn dort, wo man weder links noch rechts ist, sondern lediglich existiert, um anderen Mehrheiten zu bescheren, muss man eigentlich gar keine Politik machen. Dennoch drängelt sich momentan fast alles in dieser imaginären Mitte, was natürlich die extremistischen Parteien interessant macht, da diese in der Meinung von immer mehr Wählerinnen und Wählern wenigstens eine Position haben. Die man teilt oder auch nicht. Frankreichs Grüne wissen auch nicht so genau, wo sie stehen. Um es herauszufinden, möchte man nun eine Mitgliederbefragung durchführen. Das ist zwar ganz schön basisdemokratisch, aber auch gleichzeitig ganz schön bedenklich, wenn eine Partei nicht mehr weiß, ob sie nun „links“ oder „rechts“ steht.

Der linke Flügel der französischen Grünen (EELV – Europe Ecologie Les Verts) fordert nun eine Mitgliederbefragung, die klären soll, ob die Partei noch ins (sozialistische) Regierungslager gehört oder nicht. „Wir wissen nicht mehr, ob die EELV die Regierung verlassen hat, ihr noch angehört oder ob sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder in diese Regierung eintreten will“, sagen die linken Grünen. Doch was ist in Frankreich „links“?

Die sozialistische PS hat vom „Linkssein“ eigentlich nur noch ihren Parteinamen. Im Herzen maximal sozialdemokratisch, legt sich die Partei von Präsident Hollande gerne vor den Interessen der Wirtschaft auf den Rücken. So ähnlich wie die deutschen Sozialdemokraten. Am wohlsten fühlt sich auch die PS in der „Mitte“, die in der Politik die Rolle von Atlantis spielt. Niemand hat sie je gesehen, doch alle sind sicher, dass es sie gibt. Dabei wohnen in der „Mitte“ vor allem die Nichtwähler.

Der linke Flügel der französischen Grünen, der auch einen Namen hat (LMP – La Motion Participative, was inetwa mit „Der partizipative Antrag“ übersetzt werden kann), zeigt eine erfrischende Selbstkritik, die man von politischen Parteien eigentlich nur dann kennt, wenn sie gerade nach schweren Wahlniederlagen aus Parlamenten geflogen sind. „Die EELV schafft es nicht mehr, für die Hoffnung auf einen Wechsel zu stehen, was sie 2009 stark gemacht hat“, sagen die Parteilinken, „daher ist es dringend nötig, unsere politische Linie klar zu bestimmen und die Unsicherheiten zu beenden“.

Ein wenig seltsam ist es dennoch, wenn die Parteiführung sich bei ihren Mitgliedern erkundigen muss, ob sie eigentlich links oder rechts steht. Da stellt sich doch die Frage, warum die Parteiführung das nicht eindeutig beantworten kann. Doch dafür gibt es eine einfache Erklärung, die genauso auf die deutschen Grünen zutrifft. Seit diese zum ersten Mal am Konzept „Macht“ schnuppern durften, verwandelte sich die grüne Öko-Partei, die ihre Wurzeln in außerparlamentarischen Bewegungen hatte (Friedensbewegung, Anti-Atomkraft-Bewegung, Frauenrechtlerinnen, etc.) in eine ganz normale bürgerliche Partei.

In Deutschland fand der historische Bruch der Grünen mit der Linken in Hessen statt, als sich die Grünen selbst Gesprächen mit der Die Linke verweigerte und man gemeinsam mit der SPD, trotz einer Mehrheit links der CDU dafür sorgte, dass Roland Koch Ministerpräsident bleiben konnte. Ab diesem Zeitpunkt gehörten die Grünen nicht mehr zum linken Parteienspektrum und wenn man sich den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann anschaut, dann fragt man sich, ob dieser ein schwarzer Grüner oder ein grüner Schwarzer ist. So etwas will der linke Parteiflügel der französischen Grünen nun verhindern.

Für die Parteioberen, Jean-Vincent Placé und Cécile Duflot, die (fast wie in Deutschland) für eine Art „Realos“ (Placé) und „Fundis“ (Duflot) stehen, wäre eine solche Mitgliederbefragung sehr ärgerlich, bedeutet sie doch nichts anderes, als dass die Parteiführung nicht in der Lage ist, der Partei eine klare Richtung zu geben. Am Ende einer Mitgliederbefragung könnte auch durchaus stehen, dass beide derart geschwächt sind, dass sie ihre persönlichen Ambitionen für die Präsidentschaftswahl 2017 begraben können.

Im französischen Parlament interpretieren die dort sitzenden Grünen ihre Rolle tatsächlich etwas unklar. In der Regel enthalten sie sich der Stimme, was niemandem sonderlich auffällt, da die regierende PS über eine ausreichende Mehrheit verfügt. Doch haben die Wählerinnen und Wähler die Grünen ins Parlament gewählt, damit sie sich dort der Stimme enthalten und eine 0-Politik fahren? Mit so einer Strategie gewinnt man keine Wähler…

Die Parteiführung ließ bereits durch ihre Nummer 2 ausrichten, dass sie eine solche Mitgliederbefragung für überflüssig hält. Man habe ja schließlich klare Positionen. Das werden die grünen Mitglieder allerdings ganz anders sehen. Und man darf gespannt sein, was am Ende dabei herauskommt. Sind die Grünen eine linke Partei? Eine rechte Partei? Oder werden sie, wie viele andere auch, lieber den vermeintlich sicheren Hafen in der „Mitte“ ansteuern?

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