Mein Name ist Hase…

… und ich weiß von nichts. Die Anhörung des französischen Innenministers Gérard Collomb entwickelte sich zur Farce. Statt die „Affäre Benalla“ aufzuklären, wirft man weiter mit Nebelkerzen.

Wie wohl sich Innenminister Gérard Collomb gestern im Untersuchungsausschuss fühlte, sieht man auf dem Foto... Foto: Patrick Hetzel / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Von der gestrigen Sitzung des Rechtsausschusses des französischen Parlaments zur dem Skandal rund um den schlägernden Leibwächter des französischen Präsidenten hatte man sich viel erwartet. Vor allem Klarheit. Doch die gab es nicht. Statt den Vorgang aufzuklären, setzte Innenminister Gérard Collomb weiter auf Vertuschung. Die Angelegenheit hätte leicht geregelt werden können, wenn der Leibwächter Alexandre Benalla einfach entlassen worden wäre und die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Amtsanmaßung und Körperverletzung (der Mann hatte, als Polizist verkleidet, am 1. Mai Demonstranten geschlagen und getreten) erhoben hätte. Doch genau das tat die französische Regierung nicht und nun fragt sich ganz Frankreich, warum Präsident Macron und Innenminister Collomb alles daran setzen, dass diese Geschichte nicht aufgeklärt wird. Wer hat da was für Leichen mit wem im Keller?

Die Anhörung begann bereits unter denkbar schlechten Vorzeichen. In dem viel zu kleinen Raum (und im Palast des französischen Parlaments gibt es wirklich genügend große Säle…) fanden nicht einmal alle Abgeordneten Platz. Alleine das ist bereits mehr als seltsam und die Anhörung des Innenministers verlief dann auch dementsprechend.

Zunächst erklärte Collomb, dass er Alexandre Benalla überhaupt nicht kenne, diesen aber im Umfeld Macrons „für einen Polizisten“ gehalten habe. Das taten offensichtlich auch die Polizisten am 1. Mai, als sie tatenlos zusahen, wie Benalla und sein Kollege Vincent Crase in aller Ruhe einen Demonstranten zusammenschlugen. Die „echten“ Polizisten standen teilnahmslos daneben und ließen die beiden Schläger gewähren. Die Leiterin der Untersuchungskommission Yaël Braun-Pivot fragte nach, wieso eigentlich die Polizei angesichts der unmittelbar vor ihren Augen stattfindenden Körperverletzung nicht eingriff und Innenminister Collomb kam auf die großartige Antwort, dass die „eben in dem Moment anderes zu tun hatten“. Aha. Dann setzte Collomb noch einmal einen oben drauf: „Wissen Sie, die Aktion von Herrn Benalla passierte so schnell, dass die Polizei nicht reagieren konnte“. Die verschiedenen Videos von dieser Prügelszene dauern zwei Minuten und die Prügelei findet direkt im Bereich der teilnahmslos dastehenden Polizisten statt. Zwei Minuten sind eine ziemlich lange Zeit, wenn man gerade zusammengeschlagen wird und die Einlassungen Collombs sind schlicht und ergreifend lächerlich.

Höchst seltsam ist ebenfalls, dass Innenminister Collomb erst am 19. Juli 2018 die Generalinspektion der Nationalen Polizei IGPN (die Supercops, die andere Polizisten kontrollieren) informierte, obwohl er bereits am 2. Mai 2018 die Videos der Prügelszene gesehen hatte. Doch statt in irgendeiner Form aktiv zu werden, beschränkte sich Collomb darauf, „sicherzustellen, dass das Kabinett des Präsidenten und des Polizeipräfekten das Video erhielten, das Herrn Benalla inkriminiert. Es war deren Aufgabe zu handeln“. Und schon stellt man sich die Frage, warum es der oberste Dienstherr der Ordnungskräfte nicht für nötig hielt einzugreifen. Hatte er entsprechende Instruktionen erhalten? Wenn ja, warum und von wem?

Das Sahnehäubchen war die Weigerung des Innenministers Collomb, auf zahlreiche, ihm offenbar unangenehme Fragen zu antworten, wie beispielsweise die Frage, wann er welche Videos gesehen habe, oder diejenige, welche Beziehungen zwischen den verschiedenen Kabinetten und Alexandre Benalla herrschten.

Der geradezu jämmerliche Versuch, Klarheit in diese verworrene Geschichte zu bringen, erbrachte genau das Gegenteil. Statt die Affäre aufzuklären, stellt man sich so ungeschickt an, dass sich nun ganz Frankreich die Frage stellt, warum ein schlägernder Leibwächter von höchster Stelle und selbst nach dem Feststellen eines kriminellen Verhaltens weiterhin von allerhöchster Stelle geschützt wird. Was hat Alexandre Benalla in der Hand, das die ganze französische Regierung in derartige Schwierigkeiten bringt?

Der Ausschuss gestern sollte Klarheit bringen und vor allem die Regierung reinwaschen. Genau das Gegenteil ist passiert. Nun weiß jeder in Frankreich, dass sich vermutlich noch ganz andere Dinge hinter diesem mehr als seltsamen Vorgang stecken. Nach nur einem Jahr Amtszeit bekommt das Saubermann-Image des französischen Präsidenten immer mehr Flecken. Und die „Affäre Benalla“, statt gestern beendet zu werden, fängt nun erst richtig an. Man darf gespannt sein, was da am Ende noch herauskommen wird.

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