Mund abputzen und einfach weitermachen?

Während seines Auftritts vor dem Gericht in Manhattan wirkte Donald Trump reichlich angeschlagen. Doch kaum zurück in Florida, wechselte Trump gleich wieder in den Angriffsmodus.

Donald Trump beim Erkennungsdienst... oops, nein, das war ein anderer "Kiing"... Foto: US Government / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Das war sicherlich ein aufregender Tag für Donald Trump, der als erster ehemaliger US-Präsident von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde, bevor ihm die über 30 Anklagepunkte vorgelesen wurden. Obwohl Trump natürlich ein „Not guilty“ bellte, war ihm deutlich anzusehen, dass er sich im Gerichtssaal in Manhattan nicht unbedingt an seinem Platz fühlte. Trump wirkte angeschlagen, nachdenklich und überhaupt nicht so selbstsicher und aggressiv, wie man ihn kennt. Doch das sollte nur eine kurze Momentaufnahme sein, bereits am Abend griff Trump vor den Medien in Florida wieder voll an. Und es wird immer deutlicher, dass dieser Prozess für Trump ein ganz wichtiges Wahlkampf-Argument für den nächsten Präsidentschafts-Wahlkampf wird, bei dem er versuchen wird, erneut das Oval Office zu erobern. Dabei verschlechtert dieser Prozess seine Chancen keineswegs, im Gegenteil.

Rund die Hälfte der Amerikaner sind Trump-Anhänger. Viele seiner Anhänger befinden sich in sozial schwachen Schichten, den „Trailer Parks“, wo Trumps simple Slogans wie „Let’s make America great again“ am ehesten verfangen und wo auch seine „Fake News“, nach denen ihm die letzte Wahl „gestohlen“ wurde, am ehesten wirken. Lächeln sollte niemand darüber, denn auch die nächste US-Präsidentschafts-Wahl könnte im „Trailer Park“ entschieden werden, denn hier gibt es nur einen Kandidaten, der es schafft, die Menschen zum Wählen zu motivieren und das ist Donald Trump.

Bereits nach seiner Rückkehr nach Florida fand Trump seine Lieblingsrolle wieder – diejenige des hart für Amerika kämpfenden Altruisten, der von allen Seiten auf miese Art und Weise bekämpft und „gehasst“ wird. Staatsanwälte, Richter, Demokraten, alle wollen ihm ans Leder. Und diese Rolle nehmen seine Wählerinnen und Wähler ihm auch ab. Genau deswegen ist die Lage rund um diesen Prozess auch so gefährlich.

So, wie sich Donald Trump im Rampenlicht der Medien präsentiert, wird auch der Prozess gegen ihm zur Farce. Denn seine ansonsten ziemlich puritanische Wählerschaft verzeiht ihm auch Seitensprünge mit Porno-Sternchen, so, wie man ihm auch seine seltsamen Nächte mit russischen Prostituierten verzieh. Im Zweifelsfall sind die Anschuldigungen, so die Sichtweise der Trump-Anhänger, ohnehin nur erfunden und gelogen, um zu verhindern, dass Trump wieder dorthin kommt, wo er eigentlich sein müsste – im Oval Office. Ja, es ist sogar möglich, dass ihm dieser Prozess sogar weitere Wählerstimmen bringt.

Das „amerikanische Problem“ ist gar kein amerikanisches Problem. Denn Situationen wie in den USA gibt es in vielen anderen Ländern, wo man den Wählern inzwischen systematisch die Wahl zwischen Pest und Cholera anbietet. Ob in den USA, ob in Frankreich, Italien oder Großbritannien, überall können sich die Wählerinnen und Wähler nur noch zwischen „will ich nicht“ und „will ich nicht“ entscheiden. Das Problem lässt sich nicht nur auf ein Land reduzieren, sondern es betrifft in erster Linie die Parteiapparate, in denen Seilschaften und Korruption dazu führen, dass nicht etwa politische Talente zu Kandidaten gemacht werden, sondern die korruptesten Seilschafts-Profis, die vor allem deshalb von ihren Kollegen unterstützt werden, weil diese sich im Erfolgsfall ein warmes Plätzchen am Ofen erhoffen. Mit „politischer Kompetenz“ hat das alles nichts mehr zu tun.

Um Trump wird es jetzt erst einmal wieder ruhiger werden, zumindest, was diesen Prozess anbelangt. Denn die nächste Anhörung ist erst für den Dezember 2023 angesetzt, was bedeutet, dass ein eventueller Prozess erst 2024 starten könnte. Da es Trump allerdings geschickt versteht, diesen Prozess für seine „Opferrolle“ zu nutzen, werden seine Anwälte alles daran setzen, dass dieser Prozess möglichst nahe am Wahltermin stattfindet. Aber so oder so – schaden wird ihm dieser Prozess nicht, er kann ihm sogar nutzen. Die Welt ist wirklich verrückt geworden.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste