Nichts ist Zufall…

Langsam erkennt der Westen den „Masterplan“ von Wladimir Putin. Alles, was gerade im Osten der Ukraine passiert, ist von langer Hand vorbereitet. Auch die aktuellen Reaktionen aus dem Kreml.

Russische und belorussische Fahnen sieht man in Luhansk schon seit 2014... Foto: Qypchak / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Stündlich überschlagen sich die Meldungen aus dem Osten der Ukraine, aus Moskau, aus Washington und aus Brüssel. Während sich die russische Armee in den ukrainischen Regionen Luhansk und Donetzk einrichtet, rätselt der Westen, mit welchen Sanktionen man den Zar in Moskau treffen könnte. Doch der hat sich auf seinen Schlag gegen die Ukraine und den Frieden in Zentraleuropa vorbereitet.

Das Vorgehen des Kreml ist perfide und in der Tat bis ins letzte Detail geplant. Die „Bitte um Anerkennung“ der beiden „Möchtegern-Volksrepubliken“ Luhansk und Donetzk lag offenbar schon Stunden vor der „Beratung“ Putins mit seinem Marionettentheater „Sicherheitsrat“ vor, die Ratifizierung durch die Duma gestern ging in einer Geschwindigkeit durch, dass niemand ernsthaft glauben kann, die Abgeordneten im russischen Parlament hätten gerade erst von den Verträgen mit diesen beiden Regionen erfahren. Doch der Kreml lässt es dabei nicht bewenden – mit einem geschickten Schachzug treibt Putin nun auch einen Keil in die transatlantischen Beziehungen und natürlich die NATO.

Gestern Nachmittag ließ der Kreml verlauten, man könne sich Gespräche im Normandie-Format vorstellen. Also an einem Tisch mit der Ukraine, Deutschland und Frankreich. Dafür ohne die USA und ohne die EU. Das klingt zunächst verlockend und nach Dialog, doch haben die letzten Wochen gezeigt, was Putin von Frankreich, Deutschland und der Ukraine hält – nichts. Die USA von Verhandlungen auszuschließen, das ist ein sicheres Zeichen, dass es dem Kreml überhaupt nicht darum geht, irgendwelche Verhandlungen zu führen, sondern lediglich, seine Position weiter zu stärken. Hatte Putin nicht lange erklärt, dass er keineswegs beabsichtige, in die Ukraine einzumarschieren? Heute steht die Rote Armee in der Ostukraine, Putin hat die beiden „Volksrepubliken“ anerkannt und sofort einen Freundschafts- und Beistandspakt mit den beiden Regionen abgeschlossen, der ihm ermöglicht, dort russische Militärbasen einzurichten. Der „Anschluss“ ist vollzogen und jetzt spielt Putin seine politischen Trümpfe aus.

Der Westen kann nur noch reagieren und diese Reaktionen umfassen mehrere Stufen, auf die der Kreml mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorbereitet ist. Deutschland hat den Zertifizierungsprozess für „Nord Stream 2“ gestoppt und unter den aktuellen Gegebenheiten ist mehr als fraglich, ob jemals russisches Gas durch diese Pipeline fließen wird. Weitere Sanktionen sollen enge Vertraute Putins treffen, es wird diskutiert, Russland aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT zu nehmen und etliches mehr. Doch ist wenig Überraschendes bei den Sanktionen dabei und so, wie Moskau diese Invasion in der Ostukraine vorbereitet hat, muss man auch damit rechnen, dass sich Russland ebenso gründlich auf die zu erwartenden Sanktionen eingestellt hat.

Militärisch hat die Ukraine gegen Russland keine Chance, was allen Beteiligten klar sein muss. Es wird keine westlichen Truppen in der Ukraine geben und Deutschland und Frankreich müssen sich jetzt gleich mehrere Fragen stellen. Das in Aussicht gestellte „Normandie-Format“ ist nämlich sehr problematisch. Deutschland und Frankreich haben keinerlei EU-Mandat, um mit Russland zu verhandeln und durch den Ausschluss der USA erreicht Putin gleich mehrere Dinge: Er sät Zwist in der EU, in der nicht alle glücklich sind, dass Deutschland und Frankreich in aller Namen verhandeln wollen und dazu ist klar, dass weder Berlin noch Paris irgendeinen Spielraum ohne die Zustimmung Washingtons haben. Der Krieg in Zentraleuropa hat begonnen und niemand weiß, ob er sich zum Flächenbrand ausweiten wird.

Wladimir Putin, der zuletzt aufgedunsen und eingefallen wirkt, sieht aus, als sei er von einer Krankheit gezeichnet, was seit Wochen aus Moskau kolportiert wird. Ist er wirklich krank und will er, bevor er sein Amt nicht mehr ausüben kann, noch sein „Lebenswerk“ durchpeitschen und doch eine „UdSSR 2.0“ aufbauen? Die Tatsache, dass er dies weit von sich weist, ist wenig beruhigend. Denn zuletzt hat er immer das getan, was er vorher kategorisch ausgeschlossen hatte. So oder so, die EU steht vor einer Erfahrung, die sich glücklicherweise bisher noch nicht machen musste: Es herrscht Krieg in Europa.

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