Plant Emmanuel Macron das „russische Format“?

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat ein Problem – 2027 darf er nicht für ein drittes Mandat als Präsident kandidieren. Wladimir Putin hatte das Problem auch schon einmal.

Edouard Philippe konnte sich schon darauf vorbereiten, hinter seinem Boss hinterher zu laufen... Foto: Chairman of the Joint Chiefs of Staff from Washington D.C., United States / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Beim Besuch des französischen Präsidenten in Neu-Kaledonien wurden viele Beobachter plötzlich hellhörig. Denn auf einmal lobte Macron seinen früheren Premierminister und Wegbegleiter Edouard Philippe über den grünen Klee und erklärte, dass es ihm sehr am Herzen läge, dass „es eine Fortführung meiner Arbeit“ gäbe. Das wünschen sich die Franzosen zwar mehrheitlich nicht, doch Emmanuel Macron hat noch nie viel darauf gegeben, was sich seine Landsleute wünschen. Und da er seinen Posten als Präsident der Französischen Republik nach wie vor für gottgegeben hält, drängt sich der Verdacht auf, dass er zusammen mit Edouard Philippe das Tandem Wladimir Putin / Dmitri Medwedew imitieren könnte, also das „russische Format“, das Edouard Philippe zwar zu einem besseren Grüβonkel machen, aber Macron erlauben würde, weiterhin die Strippen zu ziehen und sich 2032 wieder bei der übernächsten Präsidentschaftswahl als Kandidat zu präsentieren. So, wie es Medwedew und Putin vorgemacht haben.

Nachdem in den letzten Wochen immer lauter aus dem Macron-Lager gefordert wurde, dass man die Regel abschaffen möge, nach denen ein Präsident in Frankreich nur zwei aufeinander folgende Mandate absolvieren darf, befürchten immer mehr Beobachter eine Art „Staatsstreich von oben“, denn Macron hat offensichtlich keine Absicht, sein Amt einfach wieder abzugeben. Das passt natürlich auch nicht, wenn man sich selbst eingeredet hat, von Gott und den Franzosen auf diesen Posten bestimmt worden zu sein. Doch für eine Verfassungsänderung, die diese Regel abschaffen würde, bräuchte Macron eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, die er mit Sicherheit nicht erhalten wird. Eine solche Verfassungsänderung könnte Macron auch ausnahmsweise nicht an Parlament und Senat vorbei einfach mit dem §49.3 entscheiden, also muss er sich etwas anders einfallen lassen. Und da käme ein „russisches“ Wechselspiel gerade richtig.

2008 durfte Wladimir Putin nicht für ein drittes Mandat kandidieren, weswegen er Dmitri Medwedew kurzerhand auf den Posten des Präsidenten hievte, während er selbst Regierungschef wurde, der natürlich weiterhin die Politik Russlands bestimmte. Diese Farce dauert bis 2012 an, als Putin wieder Präsident werden durfte und Medwedew wieder brav ins zweite Glied zurückrutschte. Ein solches Format scheint gerade Emmanuel Macron durch den Kopf zu gehen, zumal sich in Paris kein potentieller Nachfolger Macrons profilieren kann.

Was sich vermutlich keiner der Millionen kostenden Berater im Elysee-Palast traut seinem Chef zu sagen, ist dass die Franzosen die Monate bis 2027 zählen und in groβer Mehrheit nur darauf warten, dass der wohl bizarrste Präsident der V. Republik endlich aus der Politik verschwindet. Und so hört man dann plötzlich Sätze wie „Edouard Philippe könnte 2027 den Staffelstab übernehmen“, wobei das im Macron’schen Sprachgebrauch bedeutet, dass Edouard Philippe diesen Staffelstab dann auch schnell wieder an seinen Boss zurückgeben muss.

Wenn inzwischen selbst die konservative Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom „digitalen Totalitarismus“ in Frankreich spricht, wäre es vielleicht an der Zeit, dass sich die Franzosen endlich darüber bewusst werden, dass sie ihr Wahlverhalten ändern müssen, wollen sie nicht miterleben, wie Macron die Macht in Frankreich weiter auf seine Person konzentriert. Nein, Emmanuel Macron verdankt seinen Posten als Präsident nicht etwa einer göttlichen Fügung, sondern dem Umstand, dass die Franzosen noch mehr Angst vor der Rechtsextremen Marine Le Pen hatten als vor ihm. Emmanuel Macron wurde von weniger als 30% der wahlberechtigten Franzosen gewählt, nicht etwa aufgrund eines Programms, sondern weil sich die französischen Parteien erneut so dämlich angestellt hatten, dass es zweimal hintereinander zur Stichwahl Macron – Le Pen kam.

Frankreich muss in den kommenden vier Jahren sehr aufpassen, dass Emmanuel Macron seine Rolle als absolutistischer Alleinherrscher nicht weiter ausbaut und zementiert. Denn ansonsten wird Frankreich diesen Mann auf lange Zeit nicht mehr los und was dann von dem übrigbleibt, was Frankreich einst so liebenswert machte, ist fraglich.

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