Propaganda ist auf allen Seiten gefährlich

Seit Monaten gaukelt uns unsere eigene Propaganda vor, der Sieg der Ukraine über den russischen Angreifer stünde unmittelbar bevor. Die Lage in der Ukraine ist aber eine ganz andere.

Die Propaganda-Lügen auf beiden Seiten sind ein Mittel der Kriegsführung. Foto: Name invalid / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Propaganda ist eine Kriegswaffe wie jede andere Waffe auch. Doch ist sie vielschichtiger und kann dadurch sogar noch gefährlicher werden als eine Rakete. Das gilt sowohl für die Propaganda der Russen, als auch für die Propaganda des Westens, bei der seltsamerweise immer noch „London“ federführend ist und den Großteil der westlichen Propaganda übernommen hat. Doch wer Propaganda sagt, der sagt auch „Lügen“ und diese können nach hinten losgehen.

Vor wenigen Monaten klangen die „Erfolgsmeldungen“ vielversprechend. Die Ukraine treibt den russischen Angreifer vor sich her, erobert Ortschaft nach Ortschaft zurück, wird bis zum Winter die Russen aus der Ukraine und der Krim vertrieben haben und als Dankeschön den Westen im Winter mit Strom versorgen. Diese Propaganda hatte zum Ziel, die westlichen Länder zu weiteren Waffenlieferungen und Geldzahlungen zu bewegen, denn es fehlte ja nur noch ein kleines bißchen für den ukarinischen Endsieg. Nur – die Situation in der Ukraine ist eine ganz andere.

Russland hat mit gezielten Angriffen praktisch die gesamte Energie-Infrastruktur der Ukraine zerstört, und hat sich dazu in Stellungen in der Ostukraine eingegraben, von denen man in Moskau glaubt, dass man sie lange halten kann. Viele weitere Infrastrukturen im Osten der Ukraine sind zerstört, entweder von den Russen, oder auch von den Ukrainern, die durch das Sprengen von Brücken, Straßen und Schienen versuchten, das Vorrücken der russischen Armee zu verlangsamen und zu stoppen. Doch diese Infrastrukuren fehlen jetzt auch der ukrainischen Armee, die massive Probleme haben wird, in den östlichen Teil des eigenen Landes zu gelangen, um dort gegen den Besatzer zu kämpfen.

Das UNO-Flüchtlingswerk rechnet mit „Hunderttausenden“ zusätzlicher Flüchtlinge aus der Ukraine und das sind Zahlen, die angesichts des hereingebrochenen, strengen Winters auch noch erheblich steigen können.

Und was hat die Propaganda damit zu tun? Sie verhindert, dass man einen realistischen Blick auf die Situation erhält und dementsprechend richtige, der Situation angemessene Entscheidungen trifft. Und irgendwann glauben die Menschen der eigenen Propaganda ebenso wenig wie derjenigen des Kreml – und das wird der Moment sein, in dem im Westen das greift, wovor sich Selensky und auch Annalena Baerbock so sehr fürchten – die Kriegsmüdigkeit. Denn irgendwann glaubt man nichts mehr, außer den Konsequenzen dieses Kriegs, die mehr und mehr Menschen am eigenen Leib erfahren.

Da ist es gut für die Ukraine, dass die EU schnell noch einmal 18 Milliarden Euro als Winterhilfe bereitstellt, was humanitär natürlich richtig ist, aber gleichzeitig beweist, dass die Propaganda auf „unserer“ Seite ebenso verlogen ist wie in Moskau. Die Ukraine steht gerade keineswegs vor dem baldigen Sieg über den russischen Aggressor, die Ukraine wird die russische Armee auf Jahre hinaus weder aus der Krim, noch aus dem Donbass vertreiben können, die Ukraine wird ohne Hilfe nicht in der Lage sein, ihre Bevölkerung durch diesen Winter zu bringen und die Ukraine wird niemandem Strom liefern, da sie keinen mehr produzieren kann.

Weiterhin tritt Europa nicht als Europa auf, sondern die europäischen Länder versuchen alle, ihre eigene Ukraine-Politik zu fahren. Auffällig ist, dass sowohl der französische Präsident Macron, als auch Bundeskanzler Scholz, regelmäßig mit guten Nachrichten an die Presse treten, als hätten sie gerade den Weg zu Verhandlungen und Frieden geebnet. Dass der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow diese eitlen Erklärungen systematisch Minuten später als „reine Erfindung“ bezeichnet und die Tatsachen auf den Schlachtfeldern Peskow und nicht etwa Scholz/Macron bestätigen, das zeigt, wie unwirksam diese manchmal lächerlich wirkenden Erklärungen der beiden sind. Doch um sich im Rahmen eines solchen Kriegs zu profilieren, dafür muss man schon Churchill oder De Gaulle heißen. Doch Scholz und Macron spielen nicht in der Liga dieser historischen Größen und die beiden schaffen es noch nicht einmal, eine gemeinsame europäische Position zu diesem Konflikt auf den Weg zu bringen.

Doch das, was der Westen seit dem 24. Februar 2022 tut, nämlich fast unbegrenzt Geld und Waffen in die Ukraine zu pumpen, hat dem überfallenen Land nicht etwa den Sieg gebracht, sondern dazu beigetragen, dass die Ukraine heute in Schutt und Asche liegt. Lösungen sind keine in Aussicht, und deswegen geht die Propaganda auf beiden Seiten ungebremst weiter. Solange, bis im Westen niemand mehr bereit ist, diesen Krieg für beide Seiten zu finanzieren und hinterher auch noch den Wiederaufbau zu bezahlen. Die Propaganda ersetzt auch nicht den Bedarf nach einer europäischen Strategie zu diesem russischen Angriffskrieg. Davon profitiert nur noch Russland, da der III. Weltkrieg für Putin wesentlich akzeptabler ist als für den Westen. Dass allerdings niemand merkt, dass wir genau die gleichen Fehler machen wie 1914 und 1939, das ist schon erschreckend.

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