Rüstungsexporte – Gabriel gibt der SPD mehr Profil

Sigmar Gabriel lanciert eine neue Debatte zu den deutsche Rüstungsexporten - und setzt sich damit erstmals in der Großen Koalition von der CDU/CSU ab.

Sigmar Gabriel hat dankbar die Steilvorlage von Horst Seehofer zum Thema Rüstungsexporte genutzt. Foto: Moritz Kosinsky / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Im Grunde ist Horst Seehofer selbst daran Schuld, dass die SPD gerade gegenüber der CDU/CSU punktet. Mit seiner Kritik an der schleppenden Bearbeitung von Exportanträgen aus der deutsche Rüstungsindustrie legte er dem SPD-Chef und Vizekanzler einen Elfmeter hin, den dieser prompt verwandelte. Man müsse, so Gabriel, die Praxis deutscher Waffenexporte grundsätzlich überdenken, wolle man nicht ein „Geschäft mit dem Tod“ betreiben.

Darauf hatte die SPD lange gewartet – eine Chance, sich inhaltlich einmal von der CDU/CSU abzusetzen. Denn seit der Regierungsbildung der Großen Koalition arbeitet die SPD unermüdlich den Koalitionsvertrag ab, doch die Anerkennung für ihre Arbeit sammelt Angela Merkel mit der CDU ein. Daher sollte Gabriel dem bayerischen Lautsprecher Seehofer dankbar sein, dass dieser ihm nun ein Thema geschenkt hat, mit dem die SPD endlich einmal wieder „linke Politik“ machen kann und den Wählern zeigt, dass sie nicht einfach nur zum „Blinddarm“ der Großen Koalition verkommen ist.

Rüstungsexporte drosseln, das klingt nach „Frieden schaffen ohne Waffen“, nach Friedensbewegung und Demonstrationen gegen Pershing-Raketen, das klingt nach Zeiten, in denen die Grünen noch dem linken Parteispektrum zugerechnet werden konnten und die treibende Kraft in der Politik der Druck von der Straße war. Und vor allem klingt es so überhaupt nicht nach CDU/CSU oder Großer Koalition – für Gabriel die lange erhoffte Chance, aus dem übermächtigen Schatten einer übermächtigen Kanzlerin zu treten.

Horst Seehofer wird den Sommer 2014 einmal mehr erfolgreich für seine Spezialdisziplin genutzt haben – das zielsichere Springen in Fettnäpfe. Zwischen Maut für Ausländer und seinem Plädoyer für weniger Hindernisse bei Rüstungsexporten hat der CSU-Chef einmal mehr bewiesen, dass ihm sehr viel politische Gespür für die jeweilige Situation fehlt. Während die von ihm vehement verteidigten PKW-Maut-Pläne Deutschland als schlechten Europäer dastehen lassen, ist seine Forderung nach Erleichterungen bei Waffenexporten angesichts der vielen blutigen Konflikte der Welt geradezu eine Taktlosigkeit.

So kommt Seehofers Forderung als politischer Boomerang zurück und Gabriel hat die seltene Chance, Punkte für die SPD zu sammeln. Die Debatte wird sicherlich einen Teil des Sommerlochs überbrücken können und danach werden sie alle gemeinsam wieder zum Tagesgeschäft zurückkehren. Denn in Deutschland hängen über 300.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze an der Rüstungsindustrie – an die wird sich auch die SPD nicht herantrauen.

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