Schottland: Einmal werden wir noch wach…

… und dann wissen wir, ob Europas Landkarte einmal mehr neu gezeichnet werden muss. Am Donnerstag stimmt Schottland über seine Unabhängigkeit ab.

Ob die Schotten morgen "Goodbye Britain" sagen werden? Das Ergebnis dürfte sehr knapp werden. Foto: Yamen / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Jetzt, wenige Stunden vor dem schottischen Referendum, haben es auch die Briten begriffen, was da im Norden der Insel gerade passiert. Nämlich dass Großbritannien ernsthaft Gefahr läuft, ein ganz großes Stück seines Staatenbunds an die Unabhängigkeit zu verlieren. Doch immer noch halten es die Briten nicht für nötig, um die Schotten zu werben – man setzt in London weiterhin auf die Karte der Drohung und der Einschüchterung. Aber ob das bei den Schotten funktioniert?

So meldete sich angesichts der extrem knappen Umfrageergebnisse (die alle darauf hindeuten, dass es ein wirklich knappes Ergebnis bei einer riesigen Wahlbeteiligung geben wird) auch die Queen zu Wort und forderte die Schotten (wie passend – sie weilte gerade in Schottland) dazu auf, sich ihre Entscheidung sehr gut zu überlegen. Das meinte auch David Cameron bei einem seiner letzten Auftritte in Schottland, als er wieder einmal damit drohte, dass die Entscheidung der Schotten unumstößlich und endgültig sei. Immerhin warb er sogar mit dem Ende seiner politischen Karriere: „Ich werde nicht immer britischer Regierungschef sein – stimmen Sie mit Nein, auch, wenn Sie mich nicht mögen…“

Die Banken mischen sich ebenfalls ein und drohen damit, im Falle der schottischen Unabhängigkeit nach London auszuwandern. Ebenfalls offen ist die Frage der Währung in diesem Fall – würde Schottland das Pfund und somit eine Währungsunion mit dem Vereinten Königreich behalten oder würde das an Ressourcen reiche Land in den Euro einsteigen? Und ginge das überhaupt? Experten sind da unterschiedlicher Meinung.

Der große Fehler, den die Briten im Vorfeld dieser Volksabstimmung gemacht haben, ist der gleiche, den sie seit Jahrhunderten machen. Sie nehmen die Schotten einfach nicht ernst. Für London ist Schottland der nördliche Vorgarten, in dem seltsame Menschen leben, die das “r” auf komische Art rollen, Whiskey trinken und ab und zu im Rugby gewinnen. Dass es sich um ein stolzes Volk handelt, das respektiert werden will, scheint man in London nicht zu verstehen.

Ein „Yes“ zur schottischen Unabhängigkeit wäre ein europäisches Fanal für alle Autonomiebewegungen. Ob Katalanen, Basken, Venetier, Südtiroler und andere – sie alle würden die Message „Yes, we can!“ mitnehmen.

Großbritannien steht vor der größten Zerreißprobe seiner Geschichte. Überseegebiete zu verlieren, das konnte man noch wegstecken, das passierte allen großen Kolonialmächten im Laufe der Geschichte. Aber ein großes Stück der eigenen Insel aus dem Machtzugriff zu verlieren, das ist ungefähr das Schlimmste, was Großbritannien passieren kann. Und morgen könnte es soweit sein. Einmal werden wir noch wach…

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