Stell dir vor, es ist Weltforum der Demokratie…

… und niemand bekommt es mit. Wie jedes Jahr ist auch die Ausgabe 2023 des Weltforums der Demokratie in Straßburg von einer fehlenden Ambition geprägt. Schade eigentlich.

Schade, dass die Veranstalter keinen wirklichen Ehrgeiz an den Tag legen, weltweite Demokratie-Impulse zu geben. Foto: Forum Mondial de la Démocratie

(KL) – Vor Jahren hätte dieser Artikel entweder in der Rubrik „Europa“ oder in der Rubrik „Politik“ gestanden. Das war in den Anfangsjahren, als man sich noch der Illusion hingab, diese Veranstaltung könnte tatsächlich eine weltweite Ausstrahlung haben, demokratische Impulse setzen und dazu beitragen, demokratische Prozesse anzustoßen oder zu unterstützen. Inzwischen ist diese sehr teure Veranstaltung allerdings ein eher diskretes Treffen von Politikern der dritten und vierten Garde, Vertretern von ONGs, die sich freuen, für ein paar Tage nach Straßburg eingeladen zu werden und die Außenwirkung dieses „Weltforums“ geht stark gegen Null. Und deswegen erscheint dieser Artikel in der Rubrik „Regio“…

Auf der Internet-Site des „Weltforums der Demokratie“ kann man die Zielsetzung der Veranstaltung lesen. „Das Weltforum der Demokratie ist eine einzigartige Plattform, die es Entscheidungsträgern und engagierten Menschen ermöglicht, über Lösungen für die Herausforderungen zu sprechen, die sich gerade unseren Demokratien stellen“. Klingt gut, hat allerdings mit der Wirklichkeit dieser Veranstaltung nicht viel zu tun. Zum einen fehlen, wie seit vielen Jahren, die Entscheidungsträger, zum anderen sind die „engagierten Menschen“ alle verdiente Vertreter der Zivilgesellschaft, doch viele der Teilnehmer haben ihre aktive Zeit bereits hinter sich.

Vor Jahren war das anders. In den Anfangsjahren des „Weltforums der Demokratie“ nahmen zahlreiche Staats- und Regierungschefs teil, Nobelpreisträger kamen nach Straßburg und alle waren hoch motiviert, einen echten Beitrag zur Demokratie zu leisten. Gescheitert ist dieses Vorhaben allerdings an der fehlenden Ambition – in Straßburg legt man mehr Wert auf hübsch klingende Superlative und Ehrentitel als auf Inhalte. Und da man darauf verzichtete, diese Veranstaltung mit so etwas wie dem „Straßburger Appell“ oder der „Straßburger Erklärung“ zu krönen, verloren die Mächtigen der Welt sehr schnell das Interesse an dieser Veranstaltung, die trotz ihrer Ambitionslosigkeit weiter tapfer jedes Jahr für einen siebenstelligen Betrag organisiert wird.

Bereits bei der ersten Ausgabe ergriff die jemenitische Friedensnobelpreis-Trägerin Tawwakul Karman das Wort und erklärte: „Wir verbinden in unseren Ländern, in denen wir für die Demokratie kämpfen müssen, viel Hoffnung mit diesem Weltforum. Wir erwarten uns gemeinsame Standards, die regional dekliniert werden können. Wir müssen an konkreten Ergebnissen arbeiten, denn wenn ich in den Jemen zurückkehre, muss ich meinen Leuten mehr sagen können, als dass Straßburg eine schöne und gastfreundliche Stadt ist“. Dafür erhielt Tawwakul Karman viel Beifall, doch ihre Erwartungen wurden enttäuscht. Denn leider ging es Straßburg weniger darum, ein demokratisches Signal in die Welt zu senden, als vielmehr um einen weiteren Ehrentitel für die Stadt. Jammerschade.

Das Programm der Ausgabe 2023 steht unter dem Titel „Demokratie = Frieden?“ und die Antwort liegt auf der Hand. Die Demokratie ist momentan nicht einmal mehr in der Lage, den inneren Frieden in sogenannten demokratischen Ländern aufrecht zu halten, der Extremismus und der Neonationalismus haben fast überall Rückenwind, Kriege und Antisemitismus gehören wieder zum Alltag und die Korruption in den Institutionen führt die Demokratie ad absurdum.

Das alles wird zwar sicherlich bei dieser Ausgabe des „Weltforums der Demokratie“ angesprochen werden, doch wird es wiederum kein „demokratisches Ausrufezeichen“ nach dieser Ausgabe geben. Die Geschichte des „Weltforums der Demokratie“ ist leider eine Geschichte der verpassten Chancen, ein Zeichen, dass man es in der Europahauptstadt nicht gewohnt ist, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und irgendwann wird sich die Frage stellen, ob man dieses Format in dieser Form weiterführt. Denn bringen wird auch die Ausgabe 2023 dieser Veranstaltung leider nichts.

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