Steuern in Europa. Alles wird gut. Oder so ähnlich.

Die EU-Finanzminister haben in Brüssel beschlossen, der Steuerflucht internationaler Konzerne einen Riegel vorzuschieben. Jetzt muss man nur noch dran glauben.

Irgendwie hat man Zweifel, ob es in Brüssel nicht immer nur hierum geht - das große Geld. Man wird sehen, ob sich etwas ändert. Foto: Victor Dubreuil / Wikimedia Commons / PD

(KL) – Im Prinzip haben wir in Europa bereits die Instrumente, um zu verhindern, dass Konzerne zwischen ihren Länder-Niederlassungen Gewinne und Verluste so hin und her schieben, dass sie am Ende nirgends Steuern bezahlen – nämlich die seit 2011 gültige „Richtlinie Mutterkonzern-Tochterunternehmen“. Alleine – diese Richtlinie wird immer dann nicht angewendet, wenn nationale Interessen anders aussehen. Wie beispielsweise in Luxemburg, wo ein gewisser Jean-Claude Juncker als Ministerpräsident geschickt diese europäische Richtlinie umging. Aber jetzt soll alles anders werden.

Die Richtlinie wird in der Praxis allerdings vor allem genutzt, sie zu umgehen. Denn ursprünglich war sie gar nicht dafür gedacht, dafür zu sorgen, dass internationale Konzerne überhaupt Steuern zahlen, sondern um zu verhindern, dass sie in allen Ländern, in denen sie aktiv sind, besteuert werden. Der Fehler liegt also, wie so häufig, im System und in der grundlegenden Ausrichtung einer Europäischen Union, die es immer schwerer hat darzustellen, dass sie zu etwas anderen gut ist, als dem Großen Kapital das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Inzwischen ist auch eine ganze Armada an spezialisierten Anwälten und Steuerberatern dabei, gegen gute Bezahlung dafür zu sorgen, dass Unternehmen wie Apple, Google oder Ikea so gut wie keine Steuern zahlen.

In der Praxis ist das nämlich ganz einfach. Nehmen wir einmal das Beispiel Ikea. Wenn die deutsche Ikea-Tochter zu viele Gewinne macht, steigen die Nutzungsgebühren des Ikea-Logos und Gruppenmarketings, das zentral von einer eigens hierfür gegründeten Firma verwaltet wird. Da diese Rechteinhaber-Firma die Gebühren für die Nutzung des Namens und des Logos von Ikea jedes Jahr neu festlegen kann, ist sie in der Lage, die Buchgewinne von Ikea Deutschland auf ein absolutes Minimum zu senken, da die Lizenzgebühren als Betriebskosten zu Buche schlagen, ebenso wie der Wareneinkauf und eben alle anderen Kosten. Das wiederum bedeutet, dass Ikea Deutschland so gut wie keine Steuern zahlen muss, da die Firma in Deutschland auf dem Papier ja auch praktisch keine Gewinne macht, da sie so hohe Lizenzgebühren an den Rechteinhaber zahlen muss. Dieser sitzt, Sie haben es erraten, in einem Steuerparadies, idealerweise in einem Land, in dem er pauschal besteuert wird. Oder eben im Rahmen eines Steuerdeals (Luxemburg!) so günstige Konditionen erhält, dass es sich lohnt. Ergebnis der konsequenten Anwendung der europäischen Richtlinie – trotz intensiver Nutzung von Infrastrukturen und anderem muss das Unternehmen in einem seiner größten Märkte nur Peanuts an das Finanzamt überweisen.

Bereits vor einem Jahr wies die Europäische Kommission, die damals noch nicht von Juncker geleitet wurde, auf diesen unerfreulichen Umstand hin. Daraufhin führten mehrere europäische Länder entsprechende Regelungen im nationalen Recht ein, allerdings kam es bislang nicht zu einer einheitlichen Position, da sich vor allem Belgien und die Niederlande dagegen sträubten. Kein Wunder, profitieren doch beide Länder davon, dass zahlreiche international tätige Großkonzerne ihre Europazentralen bei günstigen Konditionen in diesen Ländern angesiedelt haben.

Der Brüsseler Beschluss geht nun so weit, dass alle 28 Mitgliedsstaaten bis zum 31. Dezember 2015 eine Missbrauchsklausel gegen diese Steuerflüchtlinge in ihr nationales Recht einführen müssen. Nachdem die Luxemburger Praxis dank der Enthüllungen von „LuxLeaks“ öffentlich wurden und der Druck stieg, haben nun auch Belgien und die Niederlande ihren Widerstand aufgegeben. Somit ist ein europäisches Vorgehen möglich, das ja in Steuerfragen voraussetzt, dass Einigkeit zwischen allen 28 Mitgliedsstaaten herrscht.

Klingt gut, doch es bleibt ein kleiner Zweifel. Denn diejenigen, die nun zum Schutz der Europäerinnen und Europäer dafür Sorge tragen sollen, dass die reichsten Unternehmen der Welt auch Steuern zahlen müssen, sind auch diejenigen, die bisher dafür gesorgt haben, dass die Konzerne eben dies nicht müssen. Wieder einmal wir in Europa der Fuchs zum Wächter des Gänsestalls ernannt und da muss man auch Verständnis dafür haben, dass niemand bei einer solchen Ankündigung wirklich jubelt. Jubeln kann man immer noch, sollte dieser neue Beschluss eines Tages wirklich Früchte tragen.

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