Straßburg: Die neue EU-Kommission ist gewählt

Jean-Claude Juncker und die traditionellen Parteien im Europäischen Parlament sind stolz und zufrieden. Die europäischen Bürgerinnen und Bürger schon weniger.

Die neue EU-Kommission. Selbstzufrieden und Lichtjahre von den europäischen Bürgern entfernt. Foto: © European Union, 2014

(KL) – Zunächst die Zahlen – das Europäische Parlament hat die von Jean-Claude Juncker vorgeschlagene Kommission gewählt. 423 EU-Abgeordnete stimmten mit „Ja“, immerhin 209 Abgeordnete mit „Nein“ und 67 enthielten sich. Was diese 67 meinungslosen Abgeordneten für Europa und die Bürgerinnen und Bürger, die sie gewählt haben, absolut nutzlos macht. Mit dieser neuen Kommission ziehen dunkle Wolken am europäischen Himmel auf – denn man fragt sich, warum das Parlament vorher die Kandidaten anhört, wenn hinterher sogar durchgefallene Kandidaten genau auf den Posten landen, auf denen das Parlament sie nicht haben wollte. Europäische Demokratie müsste eigentlich anders gehen.

Das, was der neue Kommissionspräsident als „politische Schwergewichte“ bezeichnet, nämlich vier frühere Regierungschefs und 19 ehemalige Minister, das betrachten die Menschen in Europa als das, was Hannibal vor der Überquerung der Alpen in Südtirol gelassen hätte – die Kranken und Lahmen. Die nämlich so gut aufgestellt sind, dass sie in ihren Ländern, wo man sie besser kennt als in Europa, keine politische Funktion mehr anvertraut bekommen. Und so ganz richtig demokratisch ist es dabei auch nicht zugegangen.

So fällt auf, dass der mit 14 zu 12 Stimmen in der Anhörung durchgefallene ungarische Kandidat für den Posten des Kommissars für Bildung, Jugend, Kultur und Bürgerrechte, der Rechtsaußen Tibor Navracsics nun Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Bürgerrechte ist. Da hätte man sich die Anhörung und die Abstimmung auch schenken können. Und niemand scheint sich zu fragen, was die Menschen von einem Kommissar für Bürgerrechte halten, der in seinem Land gerade die Pressefreiheit massiv beschnitten hat.

Über die Fälle Canas, Moscovici, Hill & Co. wurde bereits ausführlich gesprochen und es wird deutlich, dass Fachkompetenz und Integrität bei der Besetzung der Posten wohl ein KO-Kriterium war. Was da so schön als der „unverbaute Blick“ bezeichnet wird, ist nur ein freundlicher Ausdruck für schiere Ahnungslosigkeit. Die in den europäischen Institutionen wohl kein Hindernis für Karrieren darstellt.

Die neue Kommission hat alles, damit die Menschen in Europa weiter ihr Vertrauen in den Brüsseler Moloch verlieren. Die Quittung für diese Fehlbesetzungen werden die Institutionen bei der nächsten Europawahl erhalten. Bis dahin freuen wir uns alle darauf, dass unsere Bürgerrechte künftig bei einem ultranationalistischen ehemaligen Mitglied einer Regierung aufgehoben sind, deren Chef mittlerweile wegen grober Verstöße gegen demokratische Grundprinzipien in den USA Einreiseverbot hat. Das kann ja heiter werden…

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