Von der sexuellen Orientierung des Ampelmännchens

Wir leben in unruhigen Zeiten - in denen viele nach sicheren Werten streben. Wie auch die AfD - die tapfer dafür kämpft, dass Ampelmännchen heterosexuell bleiben.

Fester Schritt, Hut und viriles Auftreten - so hat das deutsche Ampelmännchen zu sein. So und nicht anders! Foto: ANKAWÜ / Wikimedia Commons / GNU 1.2

(KL) – Ob die Alternative für Deutschland (AfD) meint, von ihren internen Querelen zwischen der nationalkonservativen Frauke Perty und Parteigründer Bernd Lucke mit diesem Thema ablenken zu können? Mit Elan kämpfen die rechten Liberalen dafür, dass in Hamburg keine homosexuellen Paare als Ampelmännchen eingeführt werden – denn das könnte, so die AfD, nicht nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zum Untergang des Abendlandes werden, sondern auch zahlreiche Unfälle verursachen.

In Wien gibt es diese homosexuellen Ampelmännchen bereits – schwule und lesbische Männlein und Weiblein zeigen in grün oder in rot an, ob man die Straße überqueren darf oder nicht. Das gefiel der Senatorin für Gleichstellung der Freien und Hansestadt Hamburg, Katharina Fegebank, die das, was in Wien von den Ampeln herunter leuchtet, auch in Hamburg einführen will. Allerdings hatte sie nicht damit gerechnet, dass die AfD darüber wacht, dass so ein Schmutz und Schund nicht auf deutsche Ampeln kommt.

Zum anstehenden Christopher Street Day, der traditionellen Parade der Schwulen und Lesben, wollte Frau Fegebank einige Ampeln in Hamburg mit solchen schwulen und lesbischen Ampelmännchen (wie heißt eigentlich die weibliche Form dieser Verkehrsregler, Ampelfrauchen?) ausstatten, was übrigens auch in München geplant ist. Sodom und Gomorrha! Doch zum Glück kämpft die AfD und hat vorsorglich einen Antrag ins Hamburger Parlament eingebracht, dass man über so etwas am besten gar nicht erst nachdenken sollte.

Der AfD geht es, so sagt sie, um Sicherheit im Verkehr. Im Straßenverkehr, wohlgemerkt. Man hat ja nichts gegen Schwule und Lesben. In ihrer kruden Argumentation entdeckt die AfD sogar ihr Herz für muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich durch diese Ampelmännchen und -Frauchen „beleidigt fühlen könnten“. Wer weiß, vielleicht könnten die muslimischen Verkehrsteilnehmer bei solchen Ampelmännchen einen solchen Schreck bekommen, dass sie schreiend auf die Kreuzung laufen und damit Unfälle auslösen. Oder aber, was ja noch schrecklicher wäre und wovor die AfD ausdrücklich warnt, die könnten sogar auf die Idee kommen, eigene Ampelmännchen zu fordern. Mit Gelaba und Turban, was dann wiederum fundamentalchristliche Fußgänger zu wilden Stürmen auf befahrene Straßen veranlassen könnte. Alles, nur das nicht!

Die Gefahr, dass noch andere Bevölkerungsgruppen auf derartige Ideen kommen könnten, beispielsweise Rollstuhlfahrer, ist etwas, wovor die AfD warnt. Denn seien wir ehrlich, würde jeder auf die Idee kommen, sich in den Ampelmännchen wiederfinden zu wollen, dann würde Chaos auf deutschen Straßen herrschen. Das gilt es zu verhindern, denn der Straßenverkehr „darf kein Spielfeld für Gender-Ideologen“ werden. Ein Ampelmännchen hat ein Mann mit Hut zu sein, der mit energischem Schritt viril über die Straße geht, oder mit zusammengeknallten Hacken bei Rot steht. Basta. Das war schon immer so und das soll auch gefälligst immer so bleiben! Jawoll!

Ebenso warnt die AfD, völlig zurecht, vor gefährlichen Assoziationsketten. Gemeint ist, dass sensible Seelen beim Anblick von schwulen oder lesbischen Ampelmännchen oder -Frauchen anfangen darüber nachzudenken, was diese Ampelmännchen oder -Frauchen wohl zuhause nach Feierabend anstellen. Unter dem Schock dieser konkreten Vorstellung könnten diese sensiblen Seelen gedankenverloren und geschockt vors nächste Auto stolpern. Das gilt es zu verhindern!

Ach, das ist doch irgendwie beruhigend. So lange sich die Politik mit so wichtigen Themen wie der sexuellen Orientierung von Ampelmännchen beschäftigt, kann es ja alles gar nicht so schlimm sein… Uff.

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