Was macht eigentlich Ungarn in der EU?

Ungarn hat den Weg des geringsten Widerstands gewählt und unterläuft die Sanktionen gegen Russland. Da stellt sich die Frage, warum Ungarn überhaupt in der EU ist.

Schaut eher nach Moskau als nach Brüssel - Viktor Orban. Foto: European People's Party / Wikimedia Commons / CC-BY 2.0

(KL) – Viktor Orban versucht den großen Spagat. Einerseits will er es sich nicht mit seinem Kumpel Putin versauen, andererseits will er aber auch nicht auf die Milliarden aus Brüssel verzichten. Also versucht er, mit beiden Seiten klarzukommen, hat einen eigenen Ressourcen-Deal mit Russland und trägt somit dazu bei, dass die russische Kriegsmaschine weiter finanziert wird. Und ebenso, wie die Waffenlieferungen aus dem Westen in die Ukraine die liefernden Länder zu Kriegsparteien machen, ist auch Ungarn durch seine Politik Kriegspartei – und zwar auf der russischen Seite.

Seit Jahren und Jahrzehnten sieht man, dass die schnellen Erweiterungen und vor allem ein völlig unrealistisches Regelwerk mit dem lähmenden Prinzip der Einstimmigkeit völlig überholt ist, ja, dass dieses Regelwerk dafür sorgt, dass die Europäische Union auf dem internationalen Parkett eine vernachlässigbare Größe geworden ist. Die standhafte Weigerung, diese „Geschäftsordnung“ zu reformieren, bringt uns in die aktuelle Situation. Wir haben in der EU ein Land, das eher auf der Seite Russlands steht als auf Seiten der EU. Und wir verfügen nicht einmal über die Mittel, Ungarn den Stuhl vor die Tür zu stellen.

Im Konzert der Großen wird Europa höchstens noch geduldet, ein Akteur sind die Europäer in den Weltkrisen nicht mehr, abgesehen davon, dass die Welt Europa als den Geldgeber für ungefähr alles betrachtet, was in Washington, Brüssel und Kiew entschieden wird.

Aber was hält die europäische Brüsseler Selbstverwaltung eigentlich seit Jahren davon ab, dieses völlig überholte Regelwerk zu modernisieren? Ist es nur die sprichwörtliche Faulheit der Brüsseler Beamten oder steckt dahinter ein politisches Kalkül? Wie „reibungslos“ das Brüsseler Europa funktioniert, haben wir gerade erst im Skandal Kaili-Tarabella-Cozzolino-Panzeri erkennen dürfen – gehören solche „Systeme“ etwa zu den Gründen, warum Europa unfähig ist, sich zu verändern.

Doch was nützen alle Sanktionen, wenn diese ständig von allen Seiten (übrigens nicht nur von Ungarn!) unterlaufen werden? Wie heuchlerisch ist es, das ukrainische Narrativ zu übernehmen, nachdem der Krieg bereits dieses Jahr mit der Vertreibung der Russen aus dem Donbass und der Krim enden wird? Abgesehen davon, dass bereits letztes Jahr mit diesem Narrativ Milliarden Euro und Unmengen Waffen geliefert wurden, sagen die meisten Experten, dass dieser Krieg Jahre dauern wird.

Ähnlich wie bei der Pandemie wird mit solchen Weltkrisen auch viel Geld verdient. Da muss man nur einmal Ursula von der Leyen fragen… In einer modernisierten EU wären Fälle wie Kaili oder Von der Leyen kaum noch möglich – verweigert man deshalb in Brüssel die Modernisierung? Um die korrupten Kreise nicht zu stören?

Sagen wir es einmal deutlich – Ungarn hat in der EU nichts verloren. Doch das trifft auch auf andere europäische Länder zu und das, was die EU von der Ukraine fordert, nämlich die Bekämpfung der Korruption, findet im Westen vor allem dank der belgischen Polizei statt. Nicht aber sehr engagiert innerhalb der Institutionen.

Was erwartet man denn jetzt in der EU? Dass die Menschen begeistert Beifall klatschen, angesichts einer handlungsunfähigen EU, die mit Korruptionsfällen Schlagzeilen macht, unfähig ist, Krisen effizient zu managen oder alleine nur Mitglieder hinauszuwerfen, die sich weigern, gemeinsame Standards anzuerkennen und umzusetzen? Die Menschen, und das zeigen die Umfragen, wenden sich immer mehr von der EU ab. Die EU wird nicht mehr als die Vertretung der Völker Europas betrachtet, sondern als der verlängerte und leider auch korrupte Arm der Finanzmärkte, der Großindustrie und anderer Interessensvertretungen und in diesem Sumpf ist für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger leider kaum noch Platz.

Die einzige Daseinsberechtigung der Europäischen Kommission, die von einer Präsidentin geleitet wird, die nicht gewählt, sondern kurz vor dem Explodieren ihres Berliner McKinsey-Skandals von Angela Merkel nach Brüssel strafbefördert wurde, wäre die Reform der eigenen Institutionen, die idealerweise mit der Abschaffung der Kommission mit ihren 33000 Beamten endet. Das Parlament muss gestärkt werden und der Europarat muss die diplomatische Einheit Europas werden. Dann braucht auch niemand mehr die Kommission, ein Anachronismus, den wir alle teuer bezahlen.

Europa braucht dringend eine Regelung, die es Zynikern wie Viktor Orban unmöglich macht, offen gegen europäische Interessen zu arbeiten und sich gleichzeitig von der EU finanzieren zu lassen. Das Gerede über Langstreckenraketen und Kampfjets wird, ebenso wie die Sanktionen, solange überflüssig bleiben, wie Leute wie Orban alles ad absurdum führen, was Europa erreichen will. Die ungarische 5. Kolonne Putins wird langsam untragbar.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste