Was sind das nur für Kandidaten?

Der rechtsextreme Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour ist von einem Pariser Gericht wegen „Volksverhetzung“ zu einer Strafe von 10.000 € verurteilt worden. Dass so jemand kandidieren kann…

Eric Zemmour oder wenn Volksverhetzung politisches Programm wird... Foto: IllianDerex / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Es war im September 2020. Auf dem Privatsender CNews, auf dem Zemmour bis zu seiner Entscheidung, für das höchste Staatsamt zu kandidieren, eine feste Sendung hatte, zog der Populist vom Leder. „Minderjährige Migranten“, so Zemmour, „sind Diebe, Mörder und Vergewaltiger.“ Auf die Nachfrage, ob er damit alle minderjährigen Migranten meine, bestätigte Zemmour dies: „Alle. Sie haben hier nichts zu suchen.“ Später während des Interviews bezeichnete er die Ankunft von Migranten noch als „permanente Invasion“.

Einmal mehr hat Zemmour also die Grenzen der freien Meinungsäußerung überschritten. Denn in der Tat ist offener Rassismus keine „Meinung“, sondern diese Äußerungen werden von vielen seiner Anhänger als eine Art Aufforderung verstanden, zu anderen Mitteln als „nur“ der verbalen Gewalt zu greifen.

Dass nun ein Pariser Gericht Zemmours Ausfälle richtig einordnet und bestraft, ist bemerkenswert, denn seit einiger Zeit kann man in Frankreich Dinge öffentlich äußern, für die man noch wenige Jahre zuvor vor Gericht gelandet wäre, so wie Zemmour jetzt.

Und dieser Volksverhetzer ist Kandidat für das Präsidentenamt? Ja, und er hat erstaunlich viele Anhänger. In den aktuellen Umfragen liegt er bei 15 % der Stimmen für den ersten Wahlgang, nur einen Prozentpunkt hinter der anderen rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen, die inzwischen im Vergleich zu anderen Kandidaten schon fast „harmlos“ wirkt. Ein rechtsextremes Wählerpotential von über 30 %?!? Was ist denn nur in Frankreich los?

Selbst die konservative Valérie Pécresse bemüht sich um die Stimmen von rechtsaußen und merkt dabei gar nicht, dass sich ihre Aussagen ebenfalls in einer Grauzone zwischen Autoritarismus und rechtsextremen Positionen einpendeln. Addiert man ihre 16 % in den Umfragen zu dem rechtsextremen Wählerpotential hinzu, ebenso wie die einiger weiterer, ebenfalls rechtsextremer Kandidaten, erreicht dieses rechtsextreme Wählerpotential schon deutlich über 50 %. Von „Protestwählern“ kann keine Rede mehr sein, ein großer Teil der Franzosen rutscht gerade in den rechtsextremen Rand.

Nicht besonders hilfreich ist dabei, dass sich die „linken“ Kandidaten, die bis auf den „ewigen Hoffnungsträger“ im Rentenalter Jean-Luc Mélenchon inzwischen alle im Splittergruppen-Bereich bewegen, lieber gegenseitig zerfleischen, als sich dieser rechtsextremen Gefahr in den Weg zu stellen.

Oft sind Wahlen Momente, in denen Dinge zum Besseren korrigiert werden können. In Frankreich im Jahr 2022 ist das nicht so. Wer immer der nächste französische Präsident wird, wird Frankreich, so wie wir es lieben und kennen, weiter nach rechtsaußen drücken. Die nächsten fünf Jahre kündigen sich als Götterdämmerung der V. Republik an. Die Frage ist nur, ob Frankreich das so mitmacht, oder ob es irgendwann eine gewaltsame „Französische Revolution 2.0“ geben wird. Es hat schon „Superwahljahre“ gegeben, bei denen man entspannter auf die Umfragen und Ergebnisse schauen konnte.

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