Wie Emmanuel Macron Frankreich verändert

Ganz Frankreich ist „en marche“, dabei hat Macron eigentlich noch überhaupt nichts gemacht. Dieses „nichts“ reicht aber völlig aus, um Frankreich grundlegend zu verändern.

Ganz Frankreich wird aufatmen, wenn auch die Parlamentswahlen vorbei sind... Foto: Aridd / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Der aktuelle Wahlkampf für die Parlamentswahlen in Frankreich, deren erster Wahlgang bereits in zwei Wochen stattfindet, wird immer mehr zur Farce. Konservative und Linke drängeln sich um Macron, niemand will zu den Verlierern gehören, alle haben Angst, den letzten Zug in Richtung Macht zu verpassen. Für die Wählerinnen und Wähler wird es unübersichtlich.

Es gibt ein neues Wort im französischen Wortschatz: „Macron-kompatibel“. Mit diesem Wort bezeichnet man Kandidatinnen und Kandidaten anderer Parteien (die immer mehr Auflösungserscheinungen zeigen…), die zwar für eine andere Partei antreten, aber bereits signalisiert haben, dass sie, falls sie ins Parlament einziehen würden, die Politik des neuen Präsidenten mittragen würden. Das führt dann dazu, dass man sich fragen muss, wofür die verschiedenen Kandidaten und Kandidatinnen überhaupt stehen. Soll man einen PS-Kandidaten wählen, wenn dieser genauso „Macron-kompatibel“ ist wie sein Gegner der konservativen „Republikaner“? Oder dann doch lieber den Direktkandidaten von „La République en Marche“, wie sich Macrons Partei inzwischen nennt?

Zwar weiß immer noch niemand, was genau Macron eigentlich vorhat, immer noch gibt es Bedenken, dass er ein Ultraliberaler sei, eine Art Erfüllungsgehilfe für „Big Business“, aber es weiß tatsächlich noch niemand, wohin die Reise mit Macron gehen wird. Doch eines hat Macron bereits geschafft – die Götterdämmerung der früheren Volksparteien läuft. Und das hat er so geschickt eingefädelt, dass es schon bald keine richtige Opposition mehr geben wird. Denn wenn sich Linke, Rechte und Zentrumspolitiker alle bemühen, als gute „Marschierer“ zu erscheinen, dann ist Frankreich auf dem Weg zu einer Art Einheitspartei, deren letzte Opposition dann der rechtsextreme Front National ist.

Das Verhalten der Konservativen und der Linken ist jämmerlich. Weder die Linken noch die Rechten haben den Mut, für ihre Überzeugungen einzustehen und einen Wahlkampf zu führen, der diesen Namen auch verdient. Statt zu kämpfen, flüchten sich die Kandidaten der früheren Volksparteien unter den Flügel der „Präsidentenmehrheit“ – und damit hat Macron einen ersten Erfolg erzielt. Er wollte den ewig alten Wechsel „rechts-links-rechts-links“ aufheben und das hat er gemacht. Und dabei gleich die beiden Parteien geschlachtet, die diesen Wechsel über Jahrzehnte zelebriert haben.

Erstaunlich ist, dass die einstmals großen Parteien keinen Selbsterhaltungs-Reflex an den Tag legen. Wer braucht schon die „PS“ oder „Les Républicains“, wenn diese hoch und heilig versprechen, Macrons Politik umsetzen zu wollen? Und da das französische Wahlsystem die Wahl kleinerer Parteien oder Kandidaten in der Praxis ausschließt, wird es demnächst ein neues „duales System“ geben, das dann nicht mehr „PS vs. LR“ heißt, sondern „En Marche vs. Front National“.

Statt eine solche „Einheitspartei“ ins Leben zu rufen, deren Profil alles andere als deutlich oder nachvollziehbar ist, wäre es sinnvoller, das französische Wahlsystem zu ändern und endlich ein proportionelles Wahlrecht einzuführen, das auch kleineren Parteien eine Chance lässt.

Momentan macht Emmanuel Macron „bella figura“, was allerdings auch nicht weiter schwer ist, da er noch nichts Konkretes gemacht hat. Die Parlamentswahlen werden ein schwieriger Moment für die Franzosen und danach steht Emmanuel Macron in der Verpflichtung zu liefern. Ganz Frankreich will Reformen, eine neue Orientierung und ein solidarisches und soziales Frankreich. Ob das unter Macron entstehen wird, ist allerdings noch fraglich.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste