BIVj legt Zehn-Punkte-Plan vor

Eine ausgedachte Bürgerinitiative stellt Forderungen im Eurojournalist.

Staustaustau. Freiburg hat verkehrstechnisch an Lieblichkeit eingebüßt. Foto: Bicker

(AB) - Die Verkehrssituation in Freiburg ist in diesem Sommer, sagen wir mal, ein bisschen ähem. Die Zahl der Baustellen geht in die Tausende, die der krakenförmig im Bau befindlichen Straßenbahnlinien in die hunderte (beides gefühlt, wie es so schön heißt), dazu kommen Verkehrsstaus, die Unterbrechung der Bahnlinie nach Titisee-Neustadt, der Kronenbrückenblues, ein auf hundert Kilometern Länge für hundert Jahre gesperrter Dreisamufer-Radweg und eine verdächtig nach zu erblühender Landschaft riechende Innenstadt.

Wer vermag da noch die Tränen zurückzuhalten? Und wenn dann noch der SC Freiburg ein Heimspiel hat oder auf der B31 Unfälle geschehen, oder Betontransporthubschrauber auf den Hirschsprung kübeln, dann rollt die Verkehrskasinokugel um und in Freiburg nirgendwo mehr hin; rien ne va plus – rein geht nichts mehr (siehe unser Foto).

Nun bleibt derlei kunstvolles Gejammere an sich ziemlich sinn- und folgenlos; deshalb zog sich der Kolumnenredakteur zur inneren Klausurtagung auf einen Capuccino in das Artjammingcafé in der Günterstalstraße zurück, um sich das postdemokratische Allheilmittel des kleinen Mannes, eine Bürgerinitiative, auszudenken, die sogleich kernige Forderungen als Menetekel auf der schädelinwändigen Tapete Gestalt annehmen ließ.

„Wir fordern!“ – Diesen an seinem inneren Verhältnis zwischen Dynamik und Entschlusskraft sich förmlich selbst aufrichtenden Imperativ spuckte der neue Vorsitzende Gustav „Gustl“ Schames-Roth von der Bürgerinitiative „Verkehr, jetzt!“ förmlich in die feinstaubdurchsetzte Freiburger Verkehrsluft. Sätze wie „So geht es nicht weiter“, „Das ist eine Zumutung“, „Jetzt reicht es“ und „So funktioniert das nicht“ flossen in das erste BIVj-Schriftwerk mit dem Titel „Fast zu spät – hier unser Pamphlet“ ein, ohne dass deren erst zwei Mal geschiedener Schriftführerin Isolde Kleinschmidt-Gassenhauer-Gartenbauer so recht klar wurde, dass es sich bei einem Pamphlet ursprünglich um eine Liebeserklärung handelt.

Aber eine Liebeserklärung an die eigene Entschlusskraft war es ja. Zentrales Element des Pamphlets ist ein Zehn-Punkte-Plan, der die leidigen Freiburger Verkehrsprobleme auf einen Schlag lösen würde, so die BIVj. Finanzierung, Faszinierung und Umsetzung seien nun „Sache der Lokalpolitik“, die „ja auch mal zu irgendwas gut sein“ müsse, und per sofort, ausgestattet mit diesem engmaschig-tellerrandig durchdachten, visonären Lösungskonzept endlich über „die nötige Handlungsempfehlung“ verfüge, die aus eigener Kraft zu entwickeln sie „aus Gründen einer Bürkokatrie-Blockade“, zwei Wörter, „die im übrigen Synonyme“ seien, nicht “zu vollbringen vermag”.

Hier die zehn Punkte, kolumnengedanklich überbracht vom zweiten BIVj-Vorsitzenden, Moses Bierlechner:

1.)    Baut die B31 zwischen Umkirch und Friedrichshafen achtspurig aus, inklusive einer reservierten Mein-Dein-Unser-Euer-Bus-Spur. Jede an der Strecke liegende Ortschaft ist dabei sichelförmig zu umgehen, damit die bedauernswerten Kraftfahrzeugführer  nicht länger von den semantische Zahnschmerzen verursachenden Schüttelreimen der Anwohner behelligt werden.

2.)    Macht die Dreisam schiffbar. Roll-On-Roll-Off-Fähren entlasten die B31 im Freiburger Stadtgebiet. Ein Containerhafen auf Höhe des Sandfangwegs erschließt den Freiburgern die Warenströme zwischen China und Rotterdam. Der renaturierte Seitenarm am Sportinstitut wird zur Wasserskistrecke für arbeitslose Mietshausbesitzer, die solchermaßen mitsamt ihrer Benzin-SUVs von der Straße geholt werden.

3.)    Zwischen Freiburg und München wird eine ICE-Strecke gebaut, mit Bahnhöfen in Ebnet und Hirschsprung, am Windgfällweiher und an der Allianzarena. Zweimal täglich verbindet der TGV Höllsteig direkt mit Paris. Lkw-Verlade- und Containergüterzüge für Warenumschlag werden Pflicht.

4.)    Schienenersatzverkehr ist unbefriedigend und zudem schienenersatzverkehrt, weil es sich dabei der Sache nach um einen Bahnersatzverkehr durch Busse handelt. Die Stehplätze in den aktuellen Ersatzbussen werden auf 150 je Fahrt limitiert, das Entlassen von Darmwinden wird ähnlich Schwarzfahren unter Strafe gestellt.

5.)    Zwei „südamerikanische Lösungen“ entlasten die Freiburger Innenstadt: Erstens sorgt ein Tragschrauber-Shuttle für schnelle Verbindungen von Merzhausen nach Gundelfingen. Die Innenstadt wird mit zehnsitzigen Brauerei-Strampelwagen erschlossen, auf denen ein ernstzunehmendes Gröl- und Singverbot eingeführt wird.

6.)    Zweitens wird eine Flachseilbahn gebaut, in der Kurzstrecken zwischen Rieselfeld und Wiehre sicher und lautlos bewältigt werden können, mit oberirdischen Haltepunkten im Bahnhofs-, Prediger- und Münsterturm; Endstation ist nach dem Zwischenhalt Kastaniengarten die alte Stadthalle, die architektonisch seinerzeit ohnedies als Talstation konstruiert wurde.

7.)    Ampelanlagen mit Straßenbahn-Vorrangschaltung wie jene an der Eschholzstraße, die aufgrund der exponentiellen Zunahme an Stadtbahnlinien Staus verursachen können, werden künftig von einem Zufallsgenerator gesteuert. Spontane Onlinespenden mit einer Smartphone-Pay-App für den Münstererhalt passen die Schaltung zugunsten des Spenders an – sei es aus der Bahn oder dem Auto heraus; der höhere Betrag entscheidet. An Sonntagen wird durch spontane Blitzschachpartien auf der Kreuzungsmitte zwischen einem Straßenbahn- und einem Pkw-Fahrer über die nächste Grünphase entschieden.

8.)    Alle Straßenbahnen erhalten Tiefladeanhänger, auf die an sämtlichen Haltepunkten kurze Elektromobile samt Insassen quer auf- und abrollen können. Hierzu muss eine Verkehrs-Eregio-Karte erworben werden.

9.)    Der Feiburger Hauptbahnhof wird tiefergelegt, und zwar aus Kostengründen mitsamt der neuen ICE-Trasse Freiburg-München in den bestehenden Schützenalleetunnel. Oberirdisch wird ein Seilbahnanschluss geklöppelt, so dass der neue Verkehrsverbund reibungslos aus dem Zentrum in den nahen Osten verlagert wird. Der alte Bahnhof wird an 27 neue Schuhgeschäfte und zwei Startup-Unternehmen vermietet, die im ehemaligen Fahrkartenschalter App-Apps zur Früherkennung von Blinddarmerkrankungen sowie Konzepte zum körperlosen Personentransport programmieren.

10.)   Neue Freiburger Verkehrsleitzentrale wird die Universitätsbibliothek, allein schon, weil sie so aussieht. Aus schrägen Regalen fallende Bücher gehören der Vergangenheit an, sobald von hier aus Feuerwehreinsätze per Seilbahn, der Fährbetrieb auf der Dreisam und die Routen der Tragschraubertaxis koordiniert werden.

Die Freiburg-Redaktion des Eurojournalist schaut ab sofort gebannt aus dem Fenster, um es als erste zu erfahren, wann mit der Umsetzung des Zehn-Punkte-Plans begonnen wird. Ergänzende Anregungen mögen die leidenden Leser in den Kommentaren verewigen. Wohlauf!

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste