100 Tage, um Frankreich zu befrieden…

Nachdem er seine Rentenreform durchgedrückt hatte, kündigte Präsident Macron an, Frankreich in 100 Tagen „befrieden“ zu wollen. Doch damit sieht es schlecht aus, zumal der Präsident seine Landsleute fast täglich weiter provoziert.

Von den "100 Tagen zur Befriedung Frankreichs" hat Macron schon 10 für seine Selbstdarstellung verplempert... Foto: Javier Carro / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Werden es nun „100 Tage zur Befriedung Frankreichs“ oder „100 Jahre Einsamkeit“, wie es der kolumbianische Schriftsteller Gabriel Garcia Marquez einst schrieb? Momentan sieht es mehr nach Einsamkeit aus, denn Macrons Verhalten, das nach wie vor arrogant und provokant ist, macht nach wie vor jede Befriedung unmöglich. Sein „Programm“ zur Befriedung Frankreich, das die inzwischen bemitleidenswerte Premierministerin Elisabeth Borne verkünden musste, sorgt allerdings in Frankreich nicht für Frieden, sondern eher für Unruhe. Dazu täuschen sich Präsident und Regierung, die offenbar meinen, dass sie damit ihr brutales und undemokratisches Vorgehen bei der Durchsetzung der Rentenreform gegen den Willen einer riesigen Mehrheit der Franzosen vergessen machen können. Abgesehen davon, dass von den 100 Tagen schon 10 durch die eitle Selbstdarstellung des Präsidenten bei seiner „Sieges-Tour-de-France“ verplempert worden sind, stehen die Zeichen eher auf Auseinandersetzung statt auf Befriedung. Und wie die aussehen wird, wird Frankreich am 1. Mai erleben, wenn das Land die wohl gröβten Demonstrationen in der Geschichte des Landes erleben wird.

Natürlich würde Macron gerne seine unglaubliche politische Ungeschicktheit bei dieser Rentenreform vergessen machen, doch das wird nicht funktionieren. Weder der kritisierbare Inhalt dieser Reform ist vergessen und schon gar nicht die Methode, bei der mit legalen Verfassungstricks alle demokratischen Institutionen des Landes ausgeschaltet wurden. Das Image des „Sonnenkönigs“ und undemokratischen Alleinherrschers wird Macron in dieser Amtszeit nicht mehr los, allerdings ist er gerade dabei, erfolgreich auch seine Partei „Renaissance“ aka „La République en Marche“ zu ruinieren, deren Abgeordnete sich heute schon Gedanken machen müssen, was sie nach 2027 beruflich tun wollen, denn wiedergewählt werden sie nicht mehr werden.

Die nächsten Abenteuer, bei denen Macron den Franzosen seine uneingeschränkte Macht demonstrieren will, sind der Arbeitsmarkt, das etwas schwammige Thema „Justiz und republikanische und demokratische Ordnung“ und „Öffentlicher Dienst“. Was der Präsident zum Thema „Demokratie“ beizutragen hat, ist fraglich, hat er doch gerade erst erfolgreich alle demokratischen Institutionen des Landes ausgeschaltet, um den Franzosen seinen Willen aufzuzwingen. Zum Thema „Öffentlicher Dienst“ gehören für Macron auch die Schule und das Gesundheitswesen, Bereiche, in denen Macron in den letzten Jahren einen teilweise heftigen Kahlschlag durchgezogen hatte. Begeisterung, dass er sich nun diese Themenbereiche ausgesucht hat, um den Franzosen ebenso viel „Gutes“ zu tun wie bei der Rentenreform, will nicht so recht aufkommen.

Dafür bereiten sich die Gewerkschaften und die Franzosen für einen 1. Mai vor, wie ihn Frankreich noch nicht erlebt hat. Doch auch nach dem 1. Mai wird es für Macron nicht ruhiger werden und seine „Befriedung“ wird nicht greifen – es wäre einfacher gewesen, hätte Macron seinen Landsleuten nicht zuerst den Fehdehandschuh hingeworfen, um sie jetzt zu „befrieden“.

Doch was immer er auch tun wird, seine Zeit ist abgelaufen. Für die internationale Presse ist das „System Macron“ bereits gescheitert und der Einzige, der das noch nicht gemerkt hat, ist der Präsident selbst. Niemand in Frankreich ist momentan bereit, über weitere Reformprojekte zu sprechen, dazu sitzt der antidemokratische Schock bei den Franzosen zu tief.

Es lohnt sich kaum noch, über das Scheitern dieser Regierung und dieses Präsidenten zu reden – das Tischtuch zwischen den Pariser Machthabern und der Bevölkerung ist zerschnitten. Nur eines ist inzwischen klar – die Millionen, die diese Regierung und dieser Präsident in den Rachen ihrer Berater werfen, sind schlecht angelegt. Denn was immer die Pariser Palastbewohner momentan anstellen, es ist amateurhaft, falsch und ungeschickt. Aber warten wir erst einmal den 1. Mai und die Botschaft ab, die Frankreich seiner Regierung und seinem Präsidenten entgegenschleudern wird…

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