120 Prominente für die Freilassung von Julian Assange

Ungefähr 120 Politiker verschiedener Parteien, Künstler, Journalisten und andere Prominente haben Angela Merkel gebeten, sich bei Joe Biden für die Freilassung von Julian Assange einzusetzen.

Um diesen Mann vor den USA zu schützen, braucht es mehr als einen medienwirksamen offenen Brief... Foto: Romina Santarelli / Ministerio de Cultura de la Nacion Argentina / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Ungefähr 120 Prominente haben Angela Merkel in einem von Günter Wallraff redigierten Brief aufgefordert, sich gegenüber dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden dafür einzusetzen, dass der seit rund 10 Jahren widerrechtlich in Großbritannien festgehaltene und im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh der Folter ausgesetzte Whistleblower Julian Assange freigelassen wird. So sehr die Unterzeichner dieses offenen Briefes an die Kanzlerin Recht haben, so stellt sich doch die Frage, warum man 10 lange Jahre warten musste, um die Freilassung Assanges zu fordern.

Die Formulierung dieses Briefes ist natürlich richtig, vor allem, wenn die Unterzeichner schreiben: „Wer Menschenrechten und Demokratie verpflichtet ist, kommt nicht umhin, sich für die Freiheit von Julian Assange einzusetzen“. Wohl wahr. Und das seit 10 Jahren, was allerdings in diesen Jahren niemand für nötig gehalten hat.

Nur – es gibt Forderungen und Vorschläge. So wäre es interessant zu erfahren, warum die Politiker unter den Unterzeichnern (unter anderem Sigmar Gabriel, Oskar Lafontaine, Gerhard Baum etc.) in den letzten 10 Jahren nichts für die Freilassung Assanges unternommen haben, nichts dafür getan haben, dass endlich ein „europäisches, politisches Asyl“ geschaffen wird, nichts dafür getan haben, dass die amerikanische, britische und schwedische Justiz offen angegangen werden. Heute ist klar, dass die Vorwürfe gegen Assange von A bis Z konstruiert waren, und seit dem Bekanntwerden, dass die Behörden Kronzeugen gegen Geld zu Falschaussagen gegen Assange bewegt haben, herrscht ein „Medien-Blackout“ zum Fall Assange. Aber auch das geht unkommentiert durch. Boris Johnson ist eben nicht Wladimir Putin.

Warum hat niemand Sanktionen gegen Großbritannien für diesen eklatanten Verstoß gegen die Menschenrechte gefordert, so wie es richtigerweise blitzartig passiert ist, als Weißrussland ein Flugzeug entführte, um einen Regimekritiker zu verhaften? Wieso haben die europäischen Institutionen zehn Jahre lang zum Thema Assange geschwiegen?

Das Auslieferungsverfahren gegen Assange geht in die entscheidende Phase. Wieviele europäische Länder haben Assange politisches Asyl angeboten? Wie oft haben die europäischen Institutionen die Freilassung Assanges gefordert? Welche Sanktionen wurden gegen die britische Regierung wegen der widerrechtlichen Inhaftierung Assanges ausgesprochen?

Diejenigen Unterzeichner, die selbst in der Politik aktiv sind, wissen, was sie jetzt zu tun haben. Sie müssen alle ihre Kontakte aktivieren und dafür sorgen, dass das Dossier Assange auf allen Ebenen der Politik zum Nummer 1-Thema wird. Briefe schreiben ist gut und richtig, aber bei weitem nicht ausreichend, um Julian Assange zu schützen. Die 120 sollten jetzt schnell in konkrete Aktionen einsteigen, damit die befürchtete und ebenso widerrechtliche Auslieferung Assanges verhindert wird und damit Boris Johnson die gleichen Sanktionen auferlegt bekommt wie Alexander Loukaschenko. Verstöße gegen die Menschenrechte werden nicht dadurch besser, dass sie von Menschen begangen werden, die einstmals unsere Bündnispartner waren.

Julian Assange muss gerettet werden. Dafür ist dieser Brief eine nette Geste, doch kann er nicht mehr als der Auftakt zu konkreten Maßnahmen sein, die sofort ergriffen werden müssen. Jetzt. Sofort.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste