Wie war das noch mit der deutsch-französischen Zusammenarbeit?

Die Sommerpause kommt mit großen Schritten auf uns zu und das Jahr 2015 war bislang ein totaler Flopp in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Zum Glück gibt’s noch private Initiativen…

Dem Rhein ist es ziemlich egal, wie gut oder schlecht unsere Politiker arbeiten. Uns schon weniger... Foto: AnRo0002 / Wikimedia Commons / CC0

(KL) – Eigentlich ist unsere schöne Region am Oberrhein das Zentrum für die deutsch-französische Zusammenarbeit, die in einzelnen Bereichen sogar so etwas wie eine Integration bewerkstelligen möchte. Doch wenn man einmal nüchtern betrachtet, was sich in diesem Bereich gerade tut, dann stellt man fest, dass sich zwar François Hollande und Angela Merkel alle Naslang treffen, doch auch regionaler und lokaler Ebene so etwas wie ein Stillstand eingetreten ist. Bedeutet das, dass die deutsch-französische Zusammenarbeit am Nullpunkt angekommen ist? Nein – denn zum Glück gibt es nach wie vor zahlreiche deutsch-französische Initiativen, die auch dann funktionieren, wenn sich die zuständigen Politiker von einer Pause zu den nächsten Ferien hangeln.

Auf politischer Ebene ist der Stillstand am deutlichsten. Die grenzüberschreitenden Strukturen funktionieren zum Thema der Kooperation eigentlich überhaupt nicht mehr, der Eurodistrikt Straßburg-Ortenau ist für dieses Jahr so etwas wie ein Totalausfall, nachdem die Generalsekretärin Cordula Riedel zum Jahreswechsel in die Wüste geschickt wurde und man an ihre Nachfolgerin Annika Klaffke fairerweise in diesem Jahr keinerlei Ansprüche stellen darf, die sie ohnehin nicht erfüllen könnte. Abgesehen davon, dass in der Bevölkerung ohnehin niemand mehr an diese Struktur glaubt, die es nach 10 Jahren nicht geschafft hat, auch nur ansatzweise so etwas wie Bürgernähe oder einen praktischen Nutzen zu entwickeln und jetzt sogar noch Schwierigkeiten hat, sich selbst zu verwalten, hat man das Gefühl, als fehle auch an allen Stellen der politische Wille, zum Thema der deutsch-französischen Beziehungen mehr zu machen, als sich auf der einen oder anderen Gedenkveranstaltung zu treffen.

Und wenn man einen Blick auf die anderen grenzüberschreitenden Einrichtungen wirft, dann könnte man eigentlich anfangen zu heulen. Oder haben Sie in letzter Zeit Revolutionäres von der Trinationalen Metropolregion Oberrhein gehört, Bewegendes von der Oberrheinkonferenz oder Aufregendes vom Oberrheinrat (zu dem unser Editorialist Alain Howiller am Mittwoch berichten wird)? Nein, natürlich nicht. Was die Frage aufwirft, woran es eigentlich hapert, wo sich doch alle Verantwortlichen an jeder sich bietenden Stelle immer wieder behaupten, dass die Zukunft des Oberrheins von der Fähigkeit zum gemeinsamen Vorgehen abhängen wird?

Die Welt der Politik ist die Ebene, die als Zugpferd für die deutsch-französischen Beziehungen fungieren müsste – aber sie tut es nicht. Hoffnung ist eigentlich nur noch im Bereich der Eurometropole Straßburg erlaubt, wo der neue Präsident Robert Herrmann eine Oberrheinperspektive entwickelt, die sehr interessant ist. Auf allen anderen Ebenen passiert – gar nichts.

Das Elsass ist viel zu sehr mit sich selbst und der Gebietsreform beschäftigt, die deutschen Partner legen momentan ein absolutes Desinteresse an den deutsch-französischen Beziehungen an den Tag. Was häufig daran liegt, dass sie selbst nicht über die interkulturellen Kompetenzen und Sprachkenntnisse verfügen, die heute völlig selbstverständlich von jedem Lehrling erwartet werden, wenn es um das Thema eines gemeinsamen Arbeitsmarkts geht. Was uns wiederum zu der Forderung bringen sollte, dass hoch dotierte Jobs im grenzüberschreitenden Bereich nur noch an Menschen vergeben werden sollten, die genau diese zentralen Fähigkeiten nachweisen können. Würde man diese Forderung bereits heute durchsetzen, würde es in vielen grenzüberschreitenden Organisationen ziemlich still…

Zum Glück haben wir noch einen Leuchtturm am Oberrhein – den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, in dem beide Seiten, gemeinsam mit öffentlichen und privaten Partnern, an hoch interessanten Projekten arbeiten, wie Austauschprogrammen für Lehrlinge und weiteren Dingen, die den entstehenden, gemeinsamen Arbeits- und Ausbildungsmarkt weiter befördern sollen und können. Während sich verschiedene Verwaltungen an diesen Projekten beteiligen, ist die Politik mal wieder weit außen vor.

Und so bewegen wir uns auf die Sommerpause zu und unsere regionalen und lokalen Politiker werden das Thema der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vermutlich erst dann wieder aus der Mottenkiste holen, wenn die nächsten Wahltermine anstehen. Was dann auch die Frage beantwortet, warum es in diesem so wichtigen Bereich auf politischer Ebene so gar keine Fortschritte gibt. Und uns vor die nächste Frage stellt – nämlich diejenige, für wen wir bei den nächsten Wahlen stimmen sollen. Denn wer frischen Wind in die halb eingeschlafenen deutsch-französischen Beziehungen am Oberrhein bringen will, der darf eigentlich gar nicht mehr für diejenigen Stimmen, die seit fast zwei Jahrzehnten so ziemlich jede Gelegenheit auslassen, diese für die Menschen so wichtigen Entwicklungen mit Leben zu füllen. Wie unendlich schade…

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