Auch heute – Streiks und Demonstrationen in Frankreich

Während sich das französische Parlament einen heftigen Schlagabtausch zu der geplanten Rentenreform liefert, gehen die Franzosen heute wieder auf die Straße.

Auch heute wird in Frankreich demonstriert und gestreikt. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Heute findet der fünfte Aktionstag gegen die geplante Rentenreform in Frankreich statt. Demonstrationen, punktuelle Streiks, wie bereits in den letzten Wochen. Da auch dieser Aktionstag in der Woche stattfindet, könnte es durchaus sein, dass die Mobilisierung etwas geringer ausfällt als zuletzt, doch sollte sich die französische Regierung dadurch nicht zu der Annahme verleiten lassen, dass diese soziale Protestbewegung abflaut. Im Gegenteil – je länger sich die Regierung weigert, mit den Gewerkschaften und vor allem, der arbeitenden Bevölkerung zu sprechen, desto härter dürfte diese Auseinandersetzung werden.

Die Protestbewegung gegen die Rentenreform wird immer mehr zur Protestbewegung gegen Präsident Macron und seine Regierung, die ganz offensichtlich nicht nur nicht in der Lage ist, die aktuellen Probleme zu lösen, sondern auch nicht, mit ihrem Volk zu kommunizieren. Das Schweigen angesichts einer Protestbewegung, an der sich Millionen Menschen beteiligen und die von noch mehr Millionen Menschen unterstützt wird, lässt den Gewerkschaften den Kamm schwellen und folglich haben diese bereits angekündigt, dass die Auseinandersetzung härter werden wird.

Stichtag 7. März 2023. - Obwohl die Streiks und Demonstrationen bis dahin nicht gestoppt werden, arbeiten die Gewerkschaften und andere gesellschaftliche Gruppen auf den 7. März hin, der eine Art Generalstreik sehen dürfte. Denn die Gewerkschaften wollen das Land „blockieren“, wenn es bis dahin keinen konkreten Austausch mit der Regierung gibt. Und da die Regierung keinerlei Interesse daran hat, sich mit „normalen Bürgern“ auszutauschen, sondern lieber das Armdrücken mit der eigenen Bevölkerung weiterführt, wird es wohl zu einer Eskalation kommen, durch die es auch keine Fortschritte in der Sache geben wird.

Nun steht das Ergebnis der Diskussionen in der Nationalversammlung bereits fest, was aus den Debatten eine Farce macht. Bereits im Vorfeld kündigten Präsident Macron und seine Erfüllungsgehilfin, die Premierministerin Elisabeth Borne an, dass diese Reform notfalls per Paragraph 49.3 durchgesetzt wird und dass die zentralen Punkte der Reform „nicht verhandelbar“ sind. Aber wie demokratisch ist eine Debatte, deren Ergebnis bereits vorher feststeht und „nicht verhandelbar“ ist?

Seit dem 19. Januar, dem Tag der ersten Großdemonstration, haben sich die Franzosen erstaunlich schnell an diese Tage des „Ausnahmezustands“ gewöhnt. Der öffentliche Nahverkehr funktioniert an diesen Tagen nur sehr sporadisch, Büros sind geschlossen, Unterricht in den Schulen fällt aus und die Franzosen organisieren sich eben um diese Gegebenheiten herum.

Dabei ist die Renten-Situation in Frankreich nicht schlechter als anderswo. - In Deutschland wird das Renteneintrittsalter gerade schrittweise auf 67 Jahre erhöht, in anderen Ländern liegt es ebenfalls deutlich über den 62 Jahren, die als Regel in Frankreich gelten, von der es aber sehr viele Ausnahmen gibt. Vermutlich liegt es einmal mehr an der Art und Weise, in der die Regierung mit solchen Themen umgeht. Die Franzosen haben nicht mehr das Gefühl, dass ihre Regierung für das Gemeinwohl arbeitet, sondern sich vielmehr selbst blendend versorgt und lediglich zum Ziel hat, dass die Franzosen nicht allzu aufmüpfig werden. Doch täuschen sich dabei die Mächtigen in Frankreich in ihrem Volk – das hat nämlich die Revolution in einem kleinen Gen in der DNA verankert. Und wenn man das französische Volk zu sehr piesackt, dann reagiert es. Und zwar heftig.

Frankreich wird zu dieser Frage nicht zur Ruhe kommen und der Ablauf dieser Reform verhindert im Grunde jede vernünftige Diskussion zu dem Thema. Einmal mehr zeigt sich, dass der fehlende Dialog zwischen den Sozialpartnern, ein Konzept, das in Frankreich noch nie richtig gegriffen hat, den Konsens zu so einem Thema praktisch unmöglich macht.

Die Eskalation, die sich nun bis zum 7. März (und darüber hinaus) ankündigt, ist einzig und allein von der Regierung zu verantworten. Vielleicht wäre es ganz gut, wenn man in den Pariser Palästen der Macht einmal mit dem „einfachen Volk“ sprechen würde, um zu erfahren, wie die Lage im Land wirklich ist. Denn inzwischen hat man nicht mehr den Eindruck, als würde die französische Politik noch mitbekommen, wie sich die Stimmung in Frankreich entwickelt. Aber bei den edlen Banketten und hochkarätigen Abenden der High Society in Paris ist es auch schwierig zu verstehen, wie es einfachen Menschen geht, die sich täglich mit so Dingen wie Arbeiten und nicht nur dem Verwalten ihrer Aktiendepots beschäftigen müssen. Aber so wird der Graben zwischen der französischen Regierung und der Bevölkerung täglich tiefer. Wie tief, wird sich demnächst zeigen.

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