Auf zur dritten Welle!

Während ganz Europa seine sanitären Maßnahmen verschärft, fährt Frankreich seinen „Lockdown“ immer weiter herunter. Die meisten Maßnahmen werden ohnehin von vielen nicht mehr beachtet.

Frei nach René Magritte - "Ceci n'est pas un Weihnachtsmarkt"... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Man fragt sich, ob Frankreich und der Rest der Welt gerade gegen das gleiche Virus kämpfen. Während überall über eine Verschärfung der Maßnahmen nachgedacht wird, in den schlimmsten Hot Spots nächtliche Ausgangssperren verordnet wurden, Reisebeschränkungen erwägt werden – öffnet man in Frankreich wieder die Schotten. Begeistert stürzen sich die Franzosen auf diese „neue Freiheit“ und in den Innenstädten muss man schon genau hinschauen um zu merken, dass gerade kein Weihnachtsmarkt, sondern offiziell immer noch das „Confinement“ herrscht. Es ist, als bereite man sich kollektiv auf die „dritte Welle“ vor, alles, um das Weihnachtsgeschäft und die Feiertage zu retten. Aber zu welchem Preis?

Kurzzeitig war in Frankreich die von Präsident Macron ausgerufene Zielgröße von weniger als 5000 Neuinfektionen pro Tag erreicht worden, ab der er eine Lockerung der Maßnahmen angekündigt hatte. Dass diese Zahl bereits zwei Tage später wieder in den fünfstelligen Bereich anstieg, wurde kaum erwähnt.

Frankreich macht den gleichen Fehler wie bei der ersten Lockerung des „Confinements“ im Mai 2020. Kein Wunder, ist doch der Verantwortliche damals wie heute der gleiche – Premierminister Jean Castex. Und erneut vermittelt er der Bevölkerung, dass man alles soweit im Griff habe und deshalb nun der Zeitpunkt gekommen sei, an dem man die Zügel wieder lockern kann. Doch wie kann man ernsthaft glauben, dass eine Pandemie auf nationaler Ebene gelöst werden kann? Überall um Frankreich herum steigen die Fallzahlen weiter, überall stoßen die Länder an die Grenzen ihrer Krankenhaus-Kapazitäten, überall steigen auch wieder die Todeszahlen. Doch jetzt geht es der französischen Regierung erst einmal darum, das Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels und vor allem, die Laune der Bevölkerung zu retten.

Denn 2020 ist Weihnachten ein ganz besonderes Fest, vor allem deshalb, weil sich viele darüber klar werden, dass man dieses Jahr anders feiern wird als in den anderen Jahren. Wie immer sind viele Menschen besonders darauf erpicht, was sie gerade nicht haben können und sie sind bereit, dafür auf die Straße zu gehen. Menschen, die noch nie zu Weihnachten eine Kirche von innen gesehen haben, verfallen in Schnappatmung, wenn sie sich vorstellen, dass sie dieses Jahr nicht in die Kirche gehen dürfen…

Seit fast einem Jahr schärft man uns ein, dass wir Menschenansammlungen vermeiden sollen, dass wir Abstand zu den anderen halten müssen, dass die weitere Entwicklung von unserem verantwortungsvollen Verhalten abhängt. Aber hallo! Gehen Sie mal abends auf den Straßburger Kléber-Platz, wo offiziell kein Weihnachtsmarkt stattfindet. Statt der kleinen Verkaufsstände findet man dort momentan – kleine und große Verkaufsstände. Dieses „Laissez-faire“ transportiert vor allem eine Nachricht: „Alles nicht so schlimm, bald ist alles wieder halbwegs normal“.

Nur – genau so organisieren wir gerade die „dritte Welle“, die rund eine Woche nach den Weihnachtsferien ausbrechen wird. Und dann darf sich Jean Castex ein drittes Mal an einem „Confinement“ und dann an einer Lockerung desselben versuchen. Hoffen wir, dass ein Lerneffekt eintritt und er es beim dritten Mal endlich richtig macht…

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste