Ausnahmezustand in Frankreich

Für ein paar Tage vergißt Frankreich alle seine Sorgen. Denn am Sonntag steht die Equipe Tricolore im Finale der Skandal-WM. Ach was, Equipe Tricolore – alle Franzosen!

Noch zweimal schlafen, noch einmal jubeln, dann ist diese Albtraum-WM endlich vorbei... Foto: Eurojournalist(e)

(KL) – Vermutlich würde momentan die gleiche Stimmung wie in Frankreich auch in anderen Ländern herrschen, hätten sich diese für das Finale der Fußball-WM qualifiziert. Haben sie aber nicht, dafür aber Frankreich. Und Argentinien. Und deshalb ist in Frankreich bis Sonntag Ausnahmezustand. Keine Pandemie, kein Krieg, keine Korruption, kein Wintereinbruch und keine Verletzungen von Menschenrechten können daran etwas ändern. Wie schön. Unbeschwerte Freude pur!

Die Begleitumstände dieser skandalösen WM, die auf schamloseste Weise Business, politische Interessen und Korruption miteinander vermischt hat, sind vergessen. Und alles ist wie immer. Präsident Macron sitzt mit dem unsäglichen FIFA-Chef Gianni „Nero“ Infantino und den lokalen Autokraten auf der Ehrentribüne, wie schon 2018, niemand interessiert sich noch für all das üble Drumherum dieser WM, jetzt wird gejubelt. Das ist in der Tat schön so, denn die Menschen haben ansonsten nur wenig Grund zum Jubeln in diesen dunklen Zeiten.

Schade nur, dass sich insgesamt die Zeiten doch ein wenig geändert haben. Wenn heute Menschen zum Feiern zusammenkommen, oder auch zum Demonstrieren oder aus anderen Gründen, ist immer auch die Gewalt dabei. Über 250 Festnahmen gab es in Frankreich nach den Jubelfeiern am Mittwoch. Ein 14jähriger ist in Montpellier ums Leben gekommen. Und ja, klar, das sind immer nur ein paar Idioten, man darf keineswegs verallgemeinern, doch wird die Präsenz solcher Idioten eben systematisch. Feiern ist prima, aber vielleicht ohne Messer oder andere Waffen, wie sie die 40 Neonazis dabei hatten, die auf die Champs-Elysées wollten, um dort marokkanische Fans aufzumischen? Zum Glück hatte die Polizei aufgepasst…

Und es ist auch nicht unbedingt nötig, sich jetzt immer mehr über diejenigen lustig zu machen, die weiterhin einen Boykott bevorzugen, da ihnen dieser ganze Sumpf aus Geld, Korruption und mittelalterlicher Intoleranz inzwischen die Freude am sportlichen 4-Jahres-Highlight genommen hat. Aber zum Glück darf man davon ausgehen, dass diejenigen, die heute noch das Hohelied auf Katar und die „kulturellen Codes“ des Landes singen, schon morgen wieder tapfere Verteidiger der Menschenrechte sein werden. Insofern ist alles in Ordnung, die letzten Spiele werden sicherlich spannend werden und das Beste an dieser völlig verkorksten WM – in drei Tagen ist sie vorbei.

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