D-Day 2020

In Frankreich ist seit 00:01 die Ausgangssperre aufgehoben. Zumindest ein wenig. Beim näheren Hinschauen merkt man aber, dass die „neue Freiheit“ sehr beschränkt ist.

Folgen Sie am besten nicht den Ratschlägen, die solche Leute Ihnen geben wollen... Foto: ScS EJ

(KL) – Dem heutigen Tag hat ganz Frankreich entgegen gefiebert. Heute ist „D-Day“, „Déconfinement Day“, Tag der Lockerung eines Lockdowns, den sich die deutschen Nachbarn nur schwer vorstellen können. Lockdown in Frankreich bedeutete tatsächlich Lockdown, mit Patrouillen in den Städten und auf dem Land, einer Million Strafzettel wegen Nichtbeachtung der strengen Regeln. Ab heute soll es anders werden. Und was ändert sich tatsächlich?

Das wohl wichtigste ist die Dauerüberwachung. Ab sofort muss man sich keine „Ausnahmegenehmigung“ mehr erstellen, um die Wohnung zu verlassen, der Bewegungsradius ist nicht mehr auf 1 Kilometer um die Wohnung herum limitiert, man kann sich also wieder in der ganzen Stadt bewegen und zwar so lange, die man möchte. Nach 54 Tagen des Verbots, der permanenten Kontrollen, der ständigen Sorge, man könne seinen Ausgang um 10 Minuten überzogen haben und kontrolliert werden, ist das ein enormer Fortschritt.

Der Rest ist eher theoretisch. Die neue Bewegungsfreiheit umfasst einen Radius von 100 km – doch ziehen sie mal mit dem Zirkel einen Radius von 100 km rund um Straßburg. Auf der einen Seite ist die geschlossene Grenze nach Deutschland, was bereits die Hälfte des Radius verschlingt. Im Süden schafft man es höchstens bis in die Vororte von Mulhouse, im Westen reicht es weder nach Nancy oder Metz. Die Lockerung unseres Lockdowns gibt uns also nicht die Freiheit zurück, sondern macht uns eher zu einer Art Freigänger. Freuen wir uns also auf die Ausflüge ins Vogesenvorland – das ist auch sehr hübsch.

Wie sich diese Lockerung auf Dinge des täglichen Lebens auswirken wird, muss man sehen. Öffentlicher Nahverkehr, Besuch der Innenstadt, Spazierengehen, Einkaufen – all das wird sich jetzt erst wieder einspielen müssen.

Geschlossen bleiben allerdings nicht nur die Grenze, sondern auch die Parks und Grünanlagen der Stadt. Warum das so ist, bleibt schwer zu verstehen. Aber auch das wird sich irgendwann wieder normalisieren.

Und langsam muss man auch erkennen, dass der Staat und die Verwaltungen nicht alles regeln können. Auch in der Regierung sitzen nur Menschen, die genau so wenig Ahnung von diesem Virus und dessen Auswirkungen haben wie wir alle. Folglich kann man sich nicht auf den „Übervater Staat“ verlassen, in der trügerischen Hoffnung, dieser würde schon alles regeln.

An diesem 11. Mai bricht in der Tat eine neue Zeit an – die Zeit des eigenverantwortlichen Handelns. Wer diesem Virus entgehen will, der muss sich ab sofort selbst um seine Sicherheit kümmern, denn den Regierungen liegt jetzt das Wohlbefinden der Wirtschaft näher als die Gesundheit der Bürger*innen. Es hat keinen Zweck zu argumentieren „dieser oder jener hat aber dies oder das gesagt“ oder sich stur an Vorschriften oder nicht erlassene Vorschriften zu halten – jeder und jede muss sich um die eigene Sicherheit kümmern.

Mitmenschen wie die Person, die das Plakat auf dem Foto trägt, haben dann eben größere Chancen, sich bei ihren unglaublichen Demonstrationen gegenseitig anzustecken und spätestens, wenn sie die Schläuche in den Hals geschoben bekommt, wird sie verstehen, dass sie ziemlichen Blödsinn erzählt hat. Nüchtern gesagt – nicht unser Problem.

Jeder und jede Einzelne ist nun gefordert, sein höchstpersönliches Sicherheitsprogramm durchzuziehen. Masken, Barriere-Gesten, Vermeiden von Menschenansammlungen, umsichtiges Verhalten in den Geschäften, Vermeiden von Geschäften und Orten, wo diese Regeln nicht eingehalten werden und dafür ist letztlich jeder selbst verantwortlich. Eine kollektive Sicherheit wird es nicht geben, das haben die letzten beiden Monate gezeigt. Ab sofort ist der Schutz vor dem SARS-CoV-2, das nach wie vor sehr aktiv ist (momentan 4 Millionen Infizierte weltweit, Dunkelziffer deutlich höher), eine individuelle Angelegenheit.

Verlassen Sie sich nicht mehr an staatliche Aussagen. Beachten Sie natürlich die offiziellen Vorschriften, doch treffen Sie Ihre eigenen Entscheidungen. Wenn man Ihnen sagt, dass Sie keine Maske brauchen, entscheiden Sie selbst, ob Sie eine aufziehen oder nicht. Beachten Sie die Sicherheitsabstände, waschen Sie sich weiterhin regelmäßig die Hände, vermeiden Sie direkten Körperkontakt mit Freunden und Verwandten und achten Sie selbst auf Ihre Sicherheit!

Das gilt sowohl hier im Elsass als auch auf der deutschen Seite, wo in dieser und der nächsten Woche deutliche Lockerungen eines ohnehin wesentlich leichteren Lockdowns anstehen. Und hören Sie nicht auf diejenigen, die Ihnen erzählen wollen, dass es das Virus gar nicht gäbe, dass es längst besiegt sei oder dass man sich nicht schützen müsse. Das Virus ist da, virulent und in vielen Fällen tötet es. Behalten Sie einen kühlen Kopf, schützen Sie sich und andere und kommen Sie gut durch die nächste Phase dieser sanitären Katastrophe!

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