Das Ende des Bargelds?

Die EU macht langsam ernst – als erstes sollen die 500-Euro-Scheine abgeschafft werden. Dann der gesamte Bargeldverkehr? Deutschland blockiert.

Die rosa Scheine könnten schon bald der Vergangenheit angehören. Foto: Huhu Uet / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Der rosa 500-Euro-Schein ist ein Zahlungsmittel, das man ungefähr so oft im Geldbeutel mit sich herumträgt wie früher den 1000-DM-Schein. Nämlich eigentlich gar nicht. Angenommen werden diese Scheine, ebenso wie die gelben 200 Euro-Scheine, so gut wie nirgendwo und man versteht die Händler. Denn man bekommt solche Scheine nur selten in die Hand und wer kann schon sicher sagen, ob es sich um einen echten oder einen gefälschten Schein handelt. Und nun soll als erstes der rosa Fünfhunderter abgeschafft werden.

Für die EU-Kommission ist der rosa Schein ein echter Übeltäter. Da, laut der Kommission, Bargeldzahlungen bei der Terrorfinanzierung besonders beliebt sind, will man es den Terroristen schwieriger machen. Verständlich, denn man ist auffälliger, wenn man bündelweise 20-Euro-Scheine im Handgepäck mit sich führt, als wenn man einige Fünfhunderter diskret versteckt. Nur – die Finanzierung des internationalen Terrors läuft eben nicht nur über Bargeldgeschäfte, da Organisationen wie der „Islamische Staat“ beste Kunden bei mindestens 27 Banken im Mittleren Osten sind, die wiederum an alle internationalen Geldverkehr- und Zahlungssysteme angeschlossen sind. Also geht es nicht nur um den Kampf gegen Terror und organisiertes Verbrechen, sondern auch noch um etwas anderes, was den Widerstand gegen dieses Vorhaben in Deutschland erklärt.

Einige Beobachter sind der Ansicht, dass hinter diesem Plan der Abschaffung des Fünfhunderters die Absicht steckt, schrittweise den Geldverkehr bargeldlos zu gestalten, wie es beispielsweise in einigen skandinavischen und baltischen Ländern bereits praktiziert wird. Dort zahlt man fast nur noch mit Karte und App, was für den Staat das erbringt, wovor bereits George Orwell in seinem Roman „1984“ gewarnt hat – den „gläsernen Bürger“. Hier greift auch nicht mehr das Argument „wer nichts zu verbergen hat, der kann auch nichts gegen Kontrollen haben“ – denn eine solche Maßnahme stellt tatsächlich jeden Bürger erst einmal unter einen Generalverdacht, den man nur bei sauberer elektronischer Kontenführung widerlegen kann.

Ein brauchbarer Kompromiss wird gerade in Brüssel diskutiert – nämlich die Begrenzung von Bargeldgeschäften auf einen Oberbetrag von 5000 €. Hier verengt sich die Gruppe der von einer solchen Maßnahme geschädigten auf Händler von gebrauchten Luxusfahrzeugen, die gerne bar bezahlt werden – doch ansonsten würde niemand aus den gängigen Systemen ausgeschlossen werden. In Deutschland werden noch fast 80 % aller Geschäfte und Zahlvorgänge in bar abgewickelt und diese Möglichkeit ist beispielsweise für die rund 600.000 Mitbürger, denen die Banken trotz anders lautender Vorschrift ein Konto verweigern, überlebenswichtig.

Eine solche Obergrenze für Bargeldgeschäfte würde durchaus Sinn machen – sie würde dem organisierten Verbrechen das Handling von Bargeld tatsächlich erschweren, gleichzeitig aber kaum Auswirkungen auf das tägliche Leben der Menschen haben, die nur höchst selten Bargeldgeschäfte im Wert von mehr als 5000 € abwickeln.

Ob wir uns tatsächlich noch ein Stückchen weiter in Richtung „1984“ bewegen, wird wohl in Brüssel entschieden…

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