Der schlimmste Tag des Jahres…

… ist für die Franzosen der Tag der „Rentrée des classes“, kurz „Rentrée“ genannt. An diesem Tag endet der Sommer für die Franzosen, aber dieses Jahr könnte der Horrortag noch schlimmer werden.

Das könnte die Lösung sein, auch in den Schulen. Oder aber nicht. Foto: Today Testing (For derivate) / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die „rentrée“, der Tag an dem normalerweise die Großen Ferien vorbei sind und die Kinder wieder in die Schule müssen, ist schon zu normalen Zeiten ein Tag, an dem das ganze Land in einer Art kollektiver Depression fällt. Aber dieses Jahr wird es noch schwieriger werden, da die Umstände 2020 einfach anders sind als alles, was man kennt.

Wie in Deutschland, wo in den Bundesländern und selbst den Kreisen unterschiedlich mit Hygiene-Vorschriften und vor allem der Maskenpflicht in den Klassen umgegangen wird, herrscht auch in Frankreich Chaos. Speziell die Schulen in den sozial schwächeren Vierteln befürchten, dass sie von der rasenden digitalen Entwicklung abgehängt werden könnten. Unbegründet ist diese Befürchtung nicht, da die Investitions-Anforderungen der Schulen überall hoch sind, genau wie in Deutschland.

Und in Deutschland waren die Ferien 2020 in einigen Bundesländern bereits im Juli vorbei und in vielen Schulen lief es nicht richtig rund. Masken ja oder nein, bereits auf dem Schulweg, im Klassenzimmer und auf dem Schulhof? Abstand in den Klassenzimmern, Komplexe Bewegungs-Schemata, mit Pfeilen auf den Boden geklebt, und wenn der kleine Hans aus der 5B plötzlich positiv getestet wird, dann starten die Protokolle, Isolierung, Tests des Umfelds, Quarantäne. Oftmals wird nur die betroffene Klasse sporadisch geschlossen, man setzt alles daran, komplette Schulschließungen zu vermeiden.

Diese ganz Erfahrung im Umgang mit einer unbekannten Situation erwartet Frankreich ab dem heutigen Tag. Dabei ist die Situation mit der in anderen Ländern vergleichbar – die Infektionszahlen schnellen in die Höhe, die Krankenhäuser verzeichnen deutlich weniger Patienten als im März / April 2020 und es werden, glücklicherweise, nur noch wenige Todesfälle vermeldet. Kurz – die Situation hat sich grundlegend verändert, einerseits zum Guten, da offenbar das Virus an Durchschlagskraft verloren hat, aber andererseits auch zum Schlechten, da nun langsam das Sterben kleiner Unternehmen und der Anstieg der Arbeitslosigkeit beginnt.

Und all das am Tag der „Rentrée“, das ist schon schwerer Tobak. Mit Schultüte und Klassenfoto hat dieser Tag in diesem Jahr nicht viel zu tun. Blöd ist, dass niemand die Antworten auf alle brennenden Fragen im Zusammenhang mit der Entwicklung dieses Virus anbietet. Dabei machen sich all diejenigen schuldig, die über belastbare Informationen verfügen, diese aber nicht herausgeben. Es würde die Situation erleichtern, würde man mehr erfahren, doch das, was man uns anbietet, diesen Aufmarsch TV-geiler Professoren und Ärzte, flankiert von völlig ahnungslosen und trotzdem motivierten Politikern, den kann man als Informationsquelle vergessen.

Seien wir also in den kommenden Tagen nett zu unseren französischen Freunden, gehen wir Streitigkeiten aus dem Weg, lösen wir Probleme in ein paar Tagen. Gönnen wir unseren Freunden auf der anderen Rheinseite ein paar Tage, sich damit anzufreunden, dass Schule etwas ganz anderen ist als vor wenigen Monaten; dass der Boss erste Andeutungen macht, dass man es vermutlich nicht in der ganzen Personalstärke schaffen wird; dass der laut wiehernde Amtsschimmel nicht alles noch schlimmer macht. Und dazu kommt, dass der Sommer nun vorbei ist. Das Rauschen des Meers und der Schrei des Adlers in den Bergen sind jetzt die Erinnerungen, von denen die Franzosen lange zehren müssen. Seien wir also ein wenig netter zu ihnen als sonst…

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