Frankreichs Konservative verpassen eine historische Chance

Durch die Wahl des konservativen Rechtsaußen Eric Ciotti zum neuen Chef der konservativen „Les Républicains“ verlassen diese die bürgerliche Mitte. Ein strategischer Fehler.

Die Wahl von Eric Ciotti zum neuen Parteichef könnte sich für die Konservativen als Fehler herausstellen. Foto: Frantogian . Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – In der wüstengleichen Politiklandschaft Frankreichs haben die Konservativen von „Les Républicains“ eine riesige Chance verpasst, sich als Mitte-Rechts-Alternative zu positionieren. Durch die Wahl des strammen Falken Eric Ciotti zum neuen Parteichef treten „Les Républicains“ in einen Konkurrenzkampf mit den notorischen Rechtsextremen Marine Le Pen und Eric Zemmour ein, bei dem sie nichts zu gewinnen haben. Die verwaiste bürgerliche Mitte wartet nur darauf besetzt zu werden, denn die Franzosen haben die Nase von den Links- und Rechts-Extremen, aber auch von Präsident Macron und seiner seltsamen Amtsführung gestrichen voll. Insofern ist die Wahl Ciottis, der im letzten Präsidentschaftswahlkampf dem Rechtsextremen Eric Zemmour nahestand, ein Fehler. Denn die Franzosen sehnen sich nach etwas Normalität und ein zukünftiger Dreikampf am rechtsextremen Rand der Politiklandschaft dürfte „Les Républicains“ auf den gleichen Weg schicken, den vor ihnen bereits die sozialistische PS gegangen ist – in die politische Bedeutungslosigkeit.

Aber was ist nur mit den Konservativen passiert, dass sie so am „politischen Markt“ vorbei agieren? In der aktuellen Situation hätten „Les Républicains“ alle Chancen gehabt, sich als bürgerliche Alternative zu den plumpen Ausländerhassern des Rassemblement National von Marine Le Pen und zu „Reconquête!“ von Eric Zemmour einerseits, und zur „NUPES“, dem seltsamen Zusammenschluss von Grünen und linken Formationen zu positionieren. Im Zentrum eben. Doch da wollten die Mitglieder von „Les Républicains“ offenbar nicht hin. Dass die rechtsextremen Wählerinnen und Wähler in Frankreich bei diesem zu erwartenden Dreikampf am rechten Rand eher für die Originale als für die Kopie stimmen werden, scheint klar. Insofern haben sich „Les Républicains“ ohne Not in eine Lage manövriert, in der sie ihre Existenz bei den nächsten Wahlen massiv gefährden werden.

Eric Ciotti setzte sich bei der Wahl zum neuen Parteivorsitzenden mit 53,7 % der Stimmen gegen Senator Bruno Retailleau durch, der seinerseits eher Marine Le Pen nahesteht. Dass es allerdings zu dieser Stichwahl kommen konnte, das haben sich die Konservativen selbst zuzuschreiben. Es hätte genug geeignete Kandidaten gegeben, mit denen sich die Partei in der bürgerlichen Mitte hätte positionieren können, dort, wo jetzt ein Vakuum klafft.

Doch die Wahl zwischen der Macronie, der NUPES und den rechtsextremen Formationen führt für Frankreich in den politischen Abgrund. Da reicht es, dass die Konservativen schauen, was der sozialistischen PS passiert ist, die in fünf Jahren von der Präsidentenpartei mit Mehrheiten in Parlament und Senat und in fast allen französischen Regionen zu einer Splitterpartei verkommen ist, die bei der letzten Präsidentschaftswahl gerade noch 1,7 % (!) der Stimmen holte. Im Dreikampf mit den beiden anderen rechtsextremen Formationen könnte „Les Républicains“ das gleiche Schicksal drohen.

Und einmal mehr fragt man sich, wie es sein kann, dass sich in allen Parteien bei der Kandidatenkür nicht etwa die talentiertesten und intelligentesten Bewerber durchsetzen, sondern diejenigen, mit denen am Ende weder die jeweilige Partei, noch die Wählerschaft etwas anfangen können.

Die „Les Républicains“ wären die „natürliche“ Alternative zur Macronie, zur NUPES und den seltsamen Rechtsextremen gewesen, stattdessen drohen die Konservativen im Armdrücken mit den rechtsextremen Kräften unterzugehen. Eigentlich schade.

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