Deutsch-französisches Spitzentreffen in Straßburg

Die Präsidenten Emmanuel Macron und Frank-Walter Steinmeier haben am Sonntagabend in Straßburg die Gedenkfeierlichkeiten zum 100. Jahrestag des Endes des I. Weltkriegs gestartet.

Deutsch-französisches Verständnis - in der Europahauptstadt Strasbourg. Foto: Ville de Strasbourg / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die Straßburger Innenstadt glich am Sonntagabend wieder mal einer Festung. Damit die Präsidenten Macron und Steinmeier in Ruhe ein Konzert im Straßburger Münster genießen konnten, wurde die Innenstadt weiträumig gesperrt, was wieder einmal ein Beweis dafür war, wie groß der Graben zwischen Bürgerinnen und Bürgern und ihren Politikern ist. Offenbar haben die führenden Politiker allen Grund, sich vor dem Zorn ihrer Landleute zu fürchten. Aber dennoch war dieser präsidiale Besuch in Straßburg von einer wichtigen Symbolik.

Vor 100 Jahren endete also der I. Weltkrieg, genauer gesagt am 11. November 1918, in einem Eisenbahnwagon in Nordfrankreich. Rund 20 Millionen Menschen hatten dem Wahnsinn eines vier Jahre lang andauernden Kriegs ihr Leben opfern müssen und dieser I. Weltkrieg eröffnete das Zeitalter des „High Tech-Kriegs“, in dem neueste technische Errungenschaften eingesetzt wurden. Doch die Welt hatte kaum Zeit, ein „nie wieder so etwas“ zu hauchen, als schon der Klang brauner Stiefel auf Europas Straßen hallte und der II. Weltkrieg begann.

Als dieser dann 1945 endete, hatten die Länder dieser Welt gerade mal ein paar Jahre, um sich gegenseitig ein „nie wieder so etwas“ zu versichern, dann gingen die Kriege auch schon wieder weiter: Korea, Vietnam, Kuba, der Nahe Osten – die Welt hat nie aufgehört, Kriege zu führen. Und genau deshalb ist es so wichtig, eine ernsthafte Gedächtnisarbeit zu führen.

Doch wie ernst darf man die Anstrengungen nehmen, Kriege zu befrieden und zu beenden? Immerhin verdienen wir jede Menge Geld damit, dass wir kriegsführenden Parteien unsere Waffen verkaufen. Wie glaubwürdig sind Beteuerungen für den Frieden, wenn man gleichzeitig die Kriegsmaschinerie durch Herstellung und Vertrieb neuer Waffensysteme befeuert? Für die Stadt Straßburg und deren europäische Bedeutung war der Hochsicherheits-Besuch der beiden Präsidenten dennoch eine gute Sache. Dieser Besuch wertet die Europahauptstadt zur „Stadt der deutsch-französischen Aussöhnung“ auf, was die europäische Dimension Straßburgs mehr als eindrucksvoll unterstreicht.

Politisch war dieser Besuch ansonsten eine eher sinnlose Übung. Frank-Walter Steinmeier ist nicht viel mehr als ein „Grüßonkel de luxe“ der Bundesrepublik Deutschland, Macron ist derjenige, der alles zu verantworten hat, was gerade in Frankreich läuft. Insofern hatten die beiden wohl nicht viel mehr zu besprechen als das Wetter und die Fußballergebnisse vom Wochenende. Interessanter wird es wohl bei den Feierlichkeiten zum 11. November in Paris werden, wenn Emmanuel Macron dort Angela Merkel und Donald Trump (und viele andere) begrüßen wird.

Solche Besuche des französischen Präsidenten sind für die Bevölkerung zwar ein massives Ärgernis, ein Einschnitt in deren Freiheiten und Lebensraum, aber das muss wohl so sein. Und sollten die Gedächtnisveranstaltungen zum Ende des I. Weltkriegs den einen oder anderen davon überzeugen können, dass Krieg keine Lösung ist, dann hätte es sich gelohnt. Nur, diejenigen, die es zu überzeugen gilt, die hatten am Sonntagabend ohnehin keinen Zugang zum Münster, wo sich die üblichen Verdächtigen mit militärischem Zeremoniell gegenseitig auf die Schulter klopften und sich versicherten, dass sie zu den „Guten“ gehören. Ob sie das tatsächlich tun, darüber wird die Geschichte urteilen.

Vielleicht sollten die ganzen Gedächtnisveranstaltungen zum Ende des I. Weltkriegs ohne Schickeria und ohne diesen ganzen militärischen Prunk und Protz stattfinden. Das wäre ehrlicher und den Opfern dieses Kriegs angemessener. Aber letztlich ist das nur ein frommer Wunsch – denn alle Feierlichkeiten sind seit langer Zeit organisiert und werden wohl in sehr ähnlichen Formaten ablaufen. Immerhin, für Straßburg hat sich dieser Auftakt zu Macrons „Gedächtnisrundreise“ gelohnt – das Elsass und die Europahauptstadt stehen fest auf dem Plan des Präsidenten und das ist dann, vor allem angesichts der aktuellen Lage mit der Ankündigung einer „Collectivité Européenne d’Alsace“ eher eine gute Nachricht.

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