Berlin – Paris: für eine deutsch-französische Zukunft

Die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Emmanuel Macron präsentieren einen gemeinsamen deutsch-französischen Reformansatz. Eine lobenswerte Initiative.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und sein französischer Kollege Emmanuel Macron haben einen großen deutsch-französischen Schritt gemacht. Foto: Moritz Kosinsky / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0de

(KL) – Nach den verbalen Ausfällen des AfD-Chefs Bernd Lucke gegen Frankreich wollte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Montag vor allem eines vermeiden – nämlich dass die französischen Partner das Gefühl haben, als wolle Deutschland ihnen Lektionen erteilen. Denn genau das wäre kontraproduktiv für den Plan, den Gabriel und sein französischer Amtskollege Emmanuel Macron angehen wollen. Angesichts der französischen Schwierigkeiten, Reformen energisch anzupacken und angesichts des fehlenden Willens in Deutschland, sich überhaupt ernsthaft mit dem Thema Reformen zu beschäftigen, haben die beiden eine gemeinsame, deutsch-französische Initiative gestartet. Warum Kanzlerin Angela Merkel dies nicht schon vor Jahren getan hat, verwundert sehr.

Erster Schritt bei diesem gemeinsamen Vorhaben: Die beiden Wirtschaftsminister haben zwei ausgewiesene Experten damit beauftragt, bis November eine Studie durchzuführen, um herauszufinden, wie und welche Reformen gemeinsam gestartet werden können und mit welchen Maßnahmen die Wirtschaft beider Länder enger kooperieren kann. Der Planungschef von Premierminister Manuel Valls, Jean Pisani-Ferry und der Chef des Jacques-Delors-Instituts Professor Henrik Enderlein sollen nun herausfinden, was man wie am besten zusammen bewerkstelligen kann.

Dieser Schritt hin zu einer neuen Dimension der deutsch-französischen Zusammenarbeit war überfällig und ist völlig logisch. In Zeiten von Krisen sollten sich die beiden größten Volkswirtschaften Europas weiter annähern und gemeinsam daran arbeiten, die europäische Karre aus dem Dreck zu ziehen. Wer sonst sollte das auch tun?

Das Ergebnis dieser Studie soll dann das Aufstellen eines gemeinsamen Zeitplans zur Folge haben, der dann allerdings auch die Zustimmung der CDU erfordern wird, denn Kanzlerin Merkel wird nicht tatenlos zuschauen, wie ihr Sigmar Gabriel das prestigeträchtige Thema der deutsch-französischen Zusammenarbeit vom Brot zieht.

Bis Mitte November sollen die Experten also ihre Vorschläge einreichen und beide Seiten hoffen, dass die jeweils andere Seite dann das tut, was man gerne hätte. Während die Deutschen gerne sähen, dass die Franzosen ihre seit einer gefühlten Ewigkeit angekündigten Reformen tatkräftig angehen, hofft man in Paris, dass Deutschland den Weg für mehr staatliche Investitionen freigibt, um konjunkturelle Anreize zu schaffen. Aber ob das mit Angela Merkel funktionieren wird? Immerhin stoßen hier zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze aufeinander – die staatliche Investition auf Kredit, die zur Aufweichung der europäischen Stabilitätskriterien führt und von der man hofft, sie würde so schnell Arbeitsplätze schaffen, dass sich daraus ein Aufschwung entwicklt und auf der anderen Seite die Politik der deutschen Austerität, die viele europäische Partner als eine der Wurzeln der Krise ausgemacht haben.

Die Themen, bei denen Macron und Gabriel jetzt bereits Kooperationspotentiale sehen, sind die Modernisierung der Verwaltungen, der Arbeitsmarkt und der Energiesektor. Und genau hier sollte man sich hüten, angesichts dieses neuen deutsch-französischen Ansatzes in Jubel auszubrechen. Denn die Modernisierung der französischen Verwaltung ist ein Projekt, das gerade in Frankreich unter maximalen Schwierigkeiten angelaufen ist und bei dem Deutschland nicht viel beitragen kann; im Energiebereich trennen beide Länder Welten, was man unschwer daran erkennt, dass die geplante Schließung Fessenheims auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurde, da sich Umweltministerin Ségolène Royal nicht traut, sich mit dem Staatsmonopolisten EdF anzulegen und die Kooperation der Arbeitsagenturen ist im deutsch-französischen Grenzgebiet bereits längst eine Realität. Da kann man nur hoffen, dass die Experten noch ein paar andere Themen finden.

Doch sollte man jetzt erst einmal in Ruhe den Bericht zu dieser Studie abwarten, der bis Mitte November vorliegen soll. Wer weiß, vielleicht legen uns die beiden Minister ja zur Adventszeit ein hübsch verschnürtes deutsch-französisches Paket auf den Gabentisch!

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