Die Einheit des Elsass – spaltet das Elsass
Am nächsten Wochenende will das Elsass demonstrieren – gegen die geplante Gebietsreform und die Fusion mit anderen Regionen. Einig ist sich das Elsass aber über seine Zukunft nicht.
(KL) – Der 11. Oktober ist momentan im Elsass in aller Munde. Denn an diesem Tag findet in Straßburg eine Demonstration statt, bei der Menschen auf die Straße gehen werden, die vorher noch nie bei einer Demonstration mitgemacht haben. Gefordert wird die Einrichtung des „Conseil Unique d’Alsace“, also genau die Zusammenlegung der elsässischen Verwaltungen (Region Elsass und Departementsräte Haut-Rhin und Bas-Rhin), die noch vor Jahresfrist in einer Volksabstimmung abgelehnt worden war.
Auch, wenn diese Demonstration im von der sozialistisch regierten Regionshauptstadt Straßburg stattfinden wird, handelt es sich um eine sehr konservative Demo. Nachdem das ländliche Elsass in seinen Gemeinderäten in den letzten Wochen mehr als 100 Resolutionen für eine Region Elsass ohne Lothringen oder gar die Champagne-Ardennes verabschiedet hatten, wird die Option einer künftigen Region Elsass weder in Straßburg, noch in Paris geteilt. Und – selbst der Präsident der aktuellen Region Elsass, Philippe Richert, der die Idee eines „Conseil Unique“ und der Volksabstimmung überhaupt erst auf den Markt geworfen hatte, spricht sich heute für eine neue Region Elsass-Lothringen aus. Ist das Realpolitik, um wenigstens die Zusammenlegung mit der Region Champagne-Ardennes zu verhindern, die sich von der belgischen Grenze in den Ardennen über die Kaiserstadt Reims bis vor die Tore von Paris erstreckt oder hat Richert seine eigenen Ziele revidiert?
In der angespannten Atmosphäre, in der die Elsässer meinen, dass sie die Entscheidungen in Paris noch nachhaltig beeinflussen können, erhält jedes Detail eine Bedeutung. So sorgte die Ankündigung der Staatsbahn SNCF, Sondertickets zum Einheitspreis von 5 € aus dem ganzen Elsass nach Straßburg rollen zu lassen, bei der PS für Ärger. Man wolle sogar prüfen lassen, ob dieser Sonderpreis für die Fahrt zur Demo überhaupt verfassungskonform sei.
Deutlich wird einmal mehr, dass es eben immer noch keine „elsässische Haltung“ zu der Frage der Zusammenlegung mit anderen Regionen gibt. So lange es aber keine „elsässische Haltung“ gibt, ist es schwer, für das Elsass in Paris zu sprechen. Das Elsass der Städte steht mittlerweile im scharfen Gegensatz zum ländlichen Elsass. Die Positionen zwischen der elsässischen PS und den konservativen Kräften auf dem Land sind nicht miteinander vereinbar.
Für die PS ist die Lage besonders delikat. Momentan kann jeder nach einer eigenständigen Region Elsass rufen – das ist nicht verboten und kostet nichts. Die elsässische PS hingegen muss aufpassen, dass sie der Parteizentrale in Paris nicht in den Rücken fällt, denn immerhin erwartet man in Straßburg noch ein Geschenk aus Paris – die „Eurometropole“. Wobei es der „Eurometropole“ ebenso ergehen kann wie dem Atomkraftwerk Fessenheim, dessen Schließung entgegen aller Wahlversprechen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurde. Sich in dieser Situation offen gegen Paris zu stellen, könnte Nachteile bringen. Sich offen gegen den Willen des Elsass zu stellen, wo man um Gottes Willen ja nichts verändern will und plötzlich kollektiv entdeckt, wie großartig doch gerade alles im Elsass ist, könnte der PS im Elsass ebenfalls schaden. Daher die Kompromisslösung einer Region Elsass-Lothringen, also ohne Champagne-Ardennes, aber eben mit der Zusammenlegung mit Lothringen. Daran wird auch die Demonstration am 11. Oktober in Straßburg nicht viel ändern.
Ich war als Deutscher der im Elsass lebt und sich dort integriert hat mit meiner Frau auf dieser Demonstration. Die Angaben über die Teilnehmerzahl belaufen sich auf 7000 (Polizei), 15000 (Veranstalter) und 30000 (“Unsri Heimat”).
Also – nur gut etwa 10000 Elsässer (von rd.1,9Mio) fanden ihre politische Zukunft eine kurze Reise und einen Nachmittag Zeit für wert. Dennoch sagen sich einige Elsässer dieselben oder zumindest ähnliche Charaktereigenschaften wie die Bretonen nach – ich werde diese mal bei nächster Gelegenheit fragen wie die das sehen.
Komischerweise haben die Elsässer (vornehmlich Haut Rhin) einem gemeinsamen Elsass nicht die nötige Zustimmung gegeben – weil sie sich vor einer Bevormundung und benachteiligung vom jeweils anderen Teil bedroht fühlten.
Da war es das jeweils “andere” Elsass – nun ist es es Lothringen – oder die Champagne. Groß-Elsass – also nur ein “kleineres Übel” oder doch die Einsicht auf “Gemeinsam ist man stark”?
Doch es kam ein leicht übler Geruch auf als beim Singen der französischen Nationalhymne aus mehreren Ecken Pfiffe ertönten. Ein älterer Mann meinte das seien “Ausländer”. Aber wenn ich auf der Internetseite von “Unsri Heimet” von “Platz Schiltigheim” statt “Place Bordeaux” (auf dem die Demonstration stattfand) lese, deren Aufkleber “EL Elsassland” beinhalten, deren Bücher einen angeblichen französischen Deutschenhass transportieren, zum Thema “Elsässisch” u.a. folgendes schreibt: “Der Sprachraub an der elsaß-lothringischen Bevölkerung geht 90 Jahre nach dem gewaltsamen Anschluß an das Völkerkerker namens Frankreich unvermindert weiter. Zuletzt haben die französischen Besatzungsbehörden beschlossen, daß die elsässische Mundart als einen diskriminierenden Faktor zu betrachten sei. …” http://blog.unsri-heimet.eu/archives/interdiction-de-l%E2%80%99alsacien-par-le-pole-emploi-de-guebwiller-en-2008/ … dann habe ich so meine Zweifel von welcher Seite diese Pfiffe kamen.
Die Frage ergeht – ob die Elsässer in deutlicherer Anzahl als gestern nur gegen ein Groß-Departement auf die Straße gehen sollten – oder auch gegen Kräfte die deutlich nationalistisch-separatistisch agieren und dem Elsass dadurch schweren schaden zufügen können – wer mit Hunden schläft wacht bekanntlich mit Flöhen auf.
Vielleicht wollendie Elsäßer ihre von Deutschland und Frankreich geprgte Kultur – wie es wohl politisch Korrekt heisst – gerne 70 Jahre nahc der “Befreiung” wirklich befreit wissen. Ich hätte auch keine Lust als Franzose 2. Kl. zu gelten und meine Nationalität ständig verleugnen zu müssen. Erinenrt sei hier an den präsifialen Ausspruch: Es gibt kein Elsässisches Volk, es gibt nur ein französisches Volk.
Solange dies gilt, wird es keine Ruhe geben im Elsaß: Liberte, egalite, fraternite oder Einigkeit, Recht und Freiheit? wird die Wahl sein, die die Elsäßer üben werden, wenn man sie weiter dazu zwingt.