Die Franzosen werden lange auf ein „Mea Culpa“ warten müssen

Momentan bricht zwar in Frankreich das Gesundheitssystem zusammen, es gibt fast 100.000 Todesopfer zu beklagen, aber das ändert nichts an der Selbstzufriedenheit der Regierung.

"Mea Culpa", das ist etwas für Weicheier, aber nicht für den Grössten, Schönsten und Besten... Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Da stand er mal wieder persönlich vor den Kameras, der französische Präsident Emmanuel Macron. Das war bemerkenswert, denn normalerweise schickt er sein Front-Duo Castex-Véran vor die Presse, wenn es schlechte Nachrichten zu verkünden gilt. Aber dieses Mal wollte er es deutlich und selbst verkünden – es gibt für ihn keinen Anlass, sagte er mit einem überheblichen Grinsen, ein „Mea Culpa“ zu machen. Denn die Regierung habe unter seiner Federführung alles richtig gemacht. Ob die fast 100.000 Todesopfer der Krise in Frankreich das ähnlich sehen?

Den überheblichen Seitenhieb auf Angela Merkel hätte sich „Jupiter“ auch schenken können. Denn was die französische Regierung seit Beginn der Krise fabriziert, ist eine Endlosreihe von Lügen, Manipulationen und hilflosen Maßnahmen, die alle bislang ins Leere gelaufen sind. Der offenen und immer stärker werdenden Missachtung der getroffenen Maßnahmen durch die entnervten Franzosen begegnet Macron an diesem Wochenende militärisch. 90.000 Polizeikräfte kontrollieren das ganze Land. Nicht auszudenken, was Macron gesagt hätte, würde beispielsweise Russland ein Wochenende lang seine Bürger mit einer solchen Maßnahme drangsalieren…

Natürlich macht niemand die Regierungen für das Auftreten von Covid-19 verantwortlich. Das Virus hat die Welt unvorbereitet getroffen und auf eine solche Pandemie war, verständlicherweise, niemand vorbereitet. Doch verantwortlich sind die Regierungen für das Management dieser unglaublichen Krise und in diesem Bereich haben sich wenige Regierungen derart arrogant und verlogen ihrer Bevölkerung gegenüber gezeigt wie die französische Regierung, aus der seit Amtsantritt mehr als die Hälfte der Minister und Staatssekretäre ausgeschieden sind.

Diejenigen, die heute Strafen gegen Maskenmuffel verhängen, sind diejenigen, die vor Jahresfrist den Franzosen erzählten, dass das Tragen einer OP-Maske geradezu gesundheitsschädlich sei und auf jeden Fall vermieden werden sollte. Die bisher verhängten Maßnahmen waren alle Flopps und haben nichts gebracht. Öffnungen, Schließungen, Öffnungen, Schließungen, Lockdowns, die so löcherig sind wie Schweizer Käse, eine „lokale Guerilla“ gegen ein weltweit wütendes Virus, der Stolz, die Schulen bei der Präsenz von Virusvarianten geöffnet zu halten, die Kinder und Jugendliche anstecken, eine „Strategie“, die auf nicht ausreichend vorhandenen Impfdosen und ebenso wenig vorhandenen Schnelltests basiert – die Liste könnte weitergeführt werden. Aber, und das ist der französischen Regierung wichtiger als alles andere: Nur keine Fehler eingestehen! Tenor des sanitären Gemächtvergleichs – wir sind besser als alle anderen. Als ob das irgendeine Rolle spielen würde.

Emmanuel Macron, der sich so gerne als „starker Mann Europas“ geriert, hat bislang darauf verzichtet (ebenso wie seine europäischen Amtskollegen), die einzig sinnvolle Strategie in Erwägung zu ziehen, einen europaweiten und harmonisierten Lockdown mit einer europäischen Organisation der Impfkampagnen. Ja, ja, die Gesundheit liegt in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Aber wer in einer solchen Situation nicht auf die Idee kommt, dass man zur Rettung der Gesundheit und der Wirtschaft auch einmal Regeln brechen muss, die zu einem Zeitpunkt aufgestellt wurden, als niemand ahnen konnte, dass eine solche Pandemie die Welt erschüttern würde, der sollte sich zum Thema „Europa“ künftig lieber bedeckt halten.

Dass Angela Merkel ihr „Mea Culpa“ gemacht hat, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Ehrlichkeit. Dieses „Mea Culpa“ bedeutet zwar nicht, dass Deutschland die Krise besser managen würde als Frankreich (das deutsche Management ist mindestens ebenso katastrophal wie das in Frankreich), aber wenigstens haben die Deutschen bei dieser Ansage das Gefühl gehabt, dass man sie nicht zum Narren macht.

Bei fast 100.000 Covid-Toten, bei einer Krise, die so schlecht gemanagt ist, dass wir dieses Virus vermutlich auf Jahre bei uns haben werden, angesichts einer langsam zusammenbrechenden Wirtschaft, sozialer Katastrophen, enormer psychologischer Probleme in der Bevölkerung, würde man wohl etwas anderes erwarten als diese völlig deplatzierte Selbstzufriedenheit und Arroganz einer Regierung, die gerade nichts anderes tut, als den Rechtsextremen 2022 den Weg an die Macht zu ebnen. Ein kleines „Mea Culpa“ hätte dem Präsidenten wohl besser zu Gesicht gestanden als dieses ewige „Ich bin der Größte, der Schönste und ohnehin der einzige, der durchblickt“…

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