Ein 18jähriger Terrorist

Ein 18jähriger begeht einen erneuten Terroranschlag in Paris vor den ehemaligen Büroräumen von Charlie Hebdo. Die fortschreitende Radikalisierung muss thematisiert werden.

Die Topographie des Terrors muss genau erforscht werden. Foto: Indrajit Das / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – „Es habe ihn verletzt, dass [die Satirezeitschrift] Charlie Hebdo erneut die Mohammed-Karikaturen veröffentlicht habe“, die vor fünf Jahren der Hintergrund des entsetzlichen und tödlichen Anschlags auf die Redaktion von Charlie Hebdo war, soll der geständige 18jährige Attentäter von Paris zu Protokoll gegeben haben. Angesichts einer solchen Aussage muss man hellhörig werden.

Welcher 18jährige spricht eine solche Sprache? Solche Aussagen klingen nach dem Wiederkäuen eingebläuter Slogans, nach einer Gehirnwäsche, danach, dass ein junger Mensch zum Instrument umgeformt worden ist. Die Frage steht im Raum, wer solche jungen Menschen zu welchem Zweck so manipuliert. Dies ist keinesfalls der Versuch einer Erklärung für das Tun des Attentäters, sondern die Überlegung, an welcher Stelle solche Jugendliche der Gesellschaft entgleiten.

Wo sind die radikalen Moscheen, wo sind die Hassprediger? Warum drängen die moslemischen Gemeinden diese Brunnenvergifter und Mordanstifter nicht ins Abseits? In den Vorstädten Frankreichs, aber auch in anderen Ländern, sind Parallelgesellschaften entstanden, in denen eine Art „Omerta“ verhindert, dass sich die Gemeinden von diesen radikalen Tendenzen deutlich distanzieren. Die Behörden haben in diesen Parallelgesellschaften keine Chance, in denen Radikale ein sicheres Hinterland finden.

Es ist denkbar, dass dieser 18jährige Terrorist die fraglichen Karikaturen nie gesehen hat. Doch hat er in seinem Lebensumfeld beigebracht bekommen, dass die Karikaturisten und Autoren von Charlie Hebdo für die Veröffentlichung dieser Karikaturen den Tod verdient haben sollen. Dies hat er wieder und wieder hören müssen, um einen Hass aufzubauen, der ihn zu einer blutigen Tat schreiten ließ. Und dies wiederum bedeutet, dass dieser junge Mensch irgendwann aus dem Schulsystem gerutscht und in die Hände von Manipulatoren geraten ist.

Aus dieser Spirale der Gewalt führt nur eine konzertierte Zusammenarbeit zwischen allen Akteuren. Behörden und die Gemeinden müssen einen Dialog aufbauen, der zu Vertrauen führen muss. Das versuchen sie seit vielen Jahren, doch ohne wirklichen Erfolg. Dennoch muss an dieser Stelle weitergearbeitet werden. In den kommenden Jahrzehnten wird sich vieles im Bereich der Stadtplanung tun müssen, die Ghetto-Situation in den Vorstädten muss aufgelöst und bestehende Gesetze zur sozialen Mischung in Wohnvierteln müssen angewandt werden. Dazu muss deutlich mehr Geld in Bildung und ein echtes Gegengewicht zu den radikalisierenden Kräften investiert werden. Und natürlich muss gleichzeitig konsequent gegen Straftäter vorgegangen werden, wollen die Behörden glaubwürdig bleiben.

Die aktuelle Situation mit ihren Unsicherheiten ist eine Gelegenheit für radikalisierende Kräfte, willige Personen zu rekrutieren, die im Gefühl ohnehin nichts zu verlieren zu haben, für ein paar Minuten ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Und gleichzeitig können sich die radikalen Kräfte die Hände reiben – ihr Plan, die westlichen Länder zu destabilisieren, scheint seit Jahren aufzugehen. Wenn sich daran etwas ändern soll, sind alle gefragt. Auch und ganz besonders die Gemeinden, denen künftig eine noch größere Bedeutung zukommt.

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