Einmal volltanken, bitte…

Mit dem Satz kommt man momentan in Frankreich nicht weit. Als ob es gerade nicht genug Probleme gäbe, legt ein Streik seit Ende September das französische Tankstellennetz trocken.

Ein Bild aus längst vergangener Zeit, als Tanken noch eine friedliche Angelegenheit war... Foto: Åke Borglund / Wikimedia Commons / PD

(KL) – In Frankreich liegen die Nerven blank. In vielen Regionen gibt es an den Tankstellen kein Benzin mehr, oder keinen Diesel oder beides nicht. In rund 30 % der französischen Tankstellen fehlt mindestens eine Sorte Kraftstoff. Folge: stundenlange Warteschlangen an den Tankstellen, Schlägereien, sogar einen Messerangriff gab es in einer Warteschlange. Wer in Grenznähe wohnt, tankt im Ausland, auch, wenn es dort zum Teil deutlich teurer ist. Grund für diesen Versorgungsengpass ist ein Streik der Raffinerie-Arbeiter von ExxonMobil (Esso) und TotalEnergie in den Kraftstoff-Depots in der Normandie, die angesichts der explodierenden Gewinne der Energiekonzerne ihren Teil vom Kuchen abhaben wollen.

So sind die Gewinne von TotalEnergie von 14 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf bereits 18 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2022 gestiegen. Grund genug, den Aktionären einen Aufschlag von 5 % zu spendieren, Grund genug für den Unternehmenschef, sich eine Gehaltserhöhung von 52 % zu genehmigen und da ist es eigentlich nachvollziehbar, dass die Belegschaft an diesem plötzlichen Reichtum teilhaben möchte. Dabei setzt sich die Forderung von 10 % Gehaltserhöhung 2022 auf 7 % Inflationsausgleich und 3 % „Teilhabe am Reichtum“ zusammen.

Das Problem für die Franzosen ist allerdings gerade nicht die soziale Ungerechtigkeit in den Riesenkonzernen, sondern dass sie nicht tanken können. Speziell im ländlichen Bereich, wo die Menschen auf das Auto angewiesen sind, um zur Arbeit und anderen Terminen zu kommen, ist die Ebbe an den Tankstellen eine Katastrophe.

Bevor die Stimmung explodiert, greift nun die Regierung ein und „requiriert“ Raffinerie-Arbeiter, die unter Strafandrohung den Auslieferungsbetrieb wieder aufnehmen sollen. Die Gewerkschaften und die linken Parteien schäumen und fordern in ersten Stellungnahmen einen Generalstreik.

Ob die Belieferung der Tankstellen mit „requiriertem“ Personel funktioniert, wird man sehen. Und auch, ob die Riesenkonzerne ein wenig von ihren „Übergewinnen“ mit ihren Mitarbeitern teilen. Und dann darf man sich auch durchaus die Frage stellen, wie es um die gesamtgesellschaftliche Verantwortung der Gewerkschaften bestellt ist. Die Gesamtlage verunsichert bereits das ganze Land, so wie die übrigen europäischen Länder auch – vielleicht sollten die Gewerkschaften auch über andere Aktionsformen und ein anderes Timing nachdenken. Wie sich dieser Streik entwickelt, wird man in den nächsten Tagen sehen.

2 Kommentare zu Einmal volltanken, bitte…

  1. Da zeigt ein System sein sehr hässliches Gesicht.
    Du lieber Gott, was für Zeiten ..

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