Embedded. Ausgangssperre, Tag 52. Ein Leben ohne TV…

Am ersten Tag des Lockdowns gab mein Fernseher den Geist auf. Game over. Somit lebe ich seit 52 Tagen ohne Fernseher und die Dauerberieselung durch Nachrichtensender.

Alles so schön bunt hier... (Nina Hagen) Foto: Wags05 at English Q52 / Wikimedia Commons / CC0 1.0

(KL) – Tag 52 und ich befinde mich vermutlich in der längsten TV-freien Zeit meines Erwachsenen-Daseins. Und wahrscheinlich ist es das Beste, was mit passieren konnte. Hätte der Fernsehen nicht das Zeitliche gesegnet, wäre er vermutlich rund um die Uhr gelaufen. Manchmal ist es gar nicht schlecht, wenn die programmierte Obsoleszenz im richtigen Moment zuschlägt…

Ich erinnere mich an den ersten Fernseher in der Familie. Den schaffte mein Vater am 20. Juli 1969 zur ersten Mondlandung an, eine kleine SABA-Kiste, natürlich in Schwarzweiß. Der erste TV-Abend war enttäuschend. Stundenlang debattierten Experten im Studio (da hat sich nicht viel dran geändert) und die Bilder, die aus dem Orbit kamen, waren so verpixelt, dass man lange nichts erkannte. Ich schlief ein. Mein Vater weckte mich aber just in dem Moment, als die Mondfähre aufsetzte. Da ich ziemlich klein war, konnte ich nur erahnen, dass das irgendwie ein wichtiger Moment sei. Neil Armstrong kletterte die Leiter herunter, aus dem Lautsprecher kam der berühmte Satz, den mein hellauf begeistere Vater für den Rest der Anwesenden ins Deutsche übersetzte und dann hopste Neil Armstrong ein wenig auf dem Mond herum, was ich eher witzig fand und dann schlief ich wieder ein. Trotz der Tragweite dieses Ereignisses war meine erste Begegnung mit dem Fernsehen eher schläfrig.

Normalerweise, wenn ich arbeite, läuft hinter meinem Rücken der Fernseher mit einem Informationskanal. Somit verpasse ich kaum eine aktuelle Meldung und ich dachte immer, dass das für einen Journalisten wichtig wäre. Ist es aber gar nicht. Seit Beginn des Lockdowns schaue ich zu ziemlich festen Zeiten die Nachrichten der letzten Stunden auf dem Tablet und siehe da – das reicht völlig. Ich nehme die Zeit, aktuelle Informationen zu überprüfen, anstatt im Hintergrund die Analysen und Meinungen anderer zu diesen Informationen ungefiltert im Unterbewusstsein aufzunehmen.

In den 52 Tagen des Lockdown habe ich sogar drei oder vier Filme auf dem Tablet angeschaut, was ich allerdings aufgrund des kleinen Formats eher mühsam fand. Erinnern kann ich mich nur noch an den Klassiker „La folie des grandeurs“ mit Louis de Funès und Yves Montand. Genial.

Jetzt, wo am Montag eine Art Ende des Lockdowns vor der Tür steht, wobei man hier im Elsass immer noch nicht so richtig weiß, wie das konkret aussehen wird, überlege ich ernsthaft, ein TV-loses Leben weiterzuführen. Ich glaube, ich wäre ziemlich abgestumpft, hätte ich mich einen Großteil dieses Lockdowns vom Fernseher berieseln lassen. Tag 52, was liest man überall? „Es wird nichts mehr so sein wie vorher“? Für mich auf jeden Fall – bei mir hat der Fernseher ausgedient…

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