Es braut sich etwas zusammen…

An vielen Orten Europas wird der Protest gegen die Corona-Maßnahmen immer gewalttätiger. Und immer noch versucht die Politik, diese Pandemie regional zu besiegen.

In etlichen Regionen wird es wieder still - der "Lockdown" ist zurück. Foto: Kmtextor / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Rotterdam, Genf, Wien und an vielen anderen Orten Demonstrationen, gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei, und jetzt sogar Morddrohungen gegen Sachsens Minister-Präsidenten Michael Kretschmer, der gerade erst einen neuen „Lockdown“ für sein Bundesland verhängt hat, dieses Mal nicht nur für Ungeimpfte, sondern für alle. Wie Österreich. Und wie es die eine oder andere Region in Europa auch versucht. Währenddessen steigen und steigen die Infektionszahlen. Die Situation entgleitet jeder Kontrolle und in den wenigen Ländern Europas, in denen die Infektionszahlen (noch) nur gemäßigt steigen, schaut man von oben auf die am meisten betroffenen Länder herab und sonnt sich in der trügerischen „Gewissheit“, dass die Situation in eigenen Land super gemanagt wird und nicht erneut eskaliert.

Zwar steigt die Anzahl der Orte, an denen sich Protest gegen die Corona-Politik regt, gekoppelt mit verschiedenen anderen sozialen und politischen Protestbewegungen, doch steigen dabei nicht etwa die Teilnehmerzahlen, dafür aber die Gewaltbereitschaft. Auf beiden Seiten. Bei vielen der aktuellen Demonstrationen werden die Polizeikräfte mit allen möglichen Dingen beworfen, brennen Fahrzeuge und städtisches Mobiliar, kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Verhaftungen.

Umgekehrt ist es bei vielen Demonstrationen überraschend, Polizeikräfte in unnötiger Anzahl und in voller Kampfmontur auflaufen zu sehen, was zu einer feindseligen Atmosphäre führt, die so von beiden Seiten angeheizt wird.

Die Proteste richten sich gegen die jeweiligen Corona-Maßnahmen und da diese nach wie vor von Region zu Region und von Land zu Land variieren, variiert auch das Protest-Muster. Dort, wo die Menschen wieder in den „Lockout“ müssen, sind die Proteste natürlich am lautesten.

Doch sind die Zahlen so, wie sie sind und das pandemische Geschehen kümmert sich nicht um Advent oder die Frage, ob das kollektive Nervensystem das noch lange aushält. Zwei Jahre, eine sich nicht bessernde Lage, trotz der zahlreichen Einschränkungen und Schwierigkeiten aller Art, die diese zwei Jahre mit sich gebracht haben, im Gegenteil – von „Welle“ zu „Welle“ wird es nicht besser, sondern unübersichtlicher. Immer mehr Infizierte und Inzidenzzahlen, die alle Rekorde brechen. Gleichzeitig sinken die Sterberaten im Vergleich zur ersten „Welle“, deren inzwischen mehrfach mutiertes Virus mehr Todesfälle verursachte als die aktuelle, virulentere, aber offenbar weniger tödliche Delta-Variante.

Angesichts der letzten beiden Jahre und der nicht vorhersehbaren Entwicklung und einer beunruhigenden Aktualität, befinden wir uns wieder an der gleichen Stelle wie vor einem Jahr. Oder vielmehr in einer noch schlechteren Lage, denn im letzten Jahr haben wir es zwar nicht geschafft, das Virus zu besiegen, dafür aber, die Gesellschaft zu spalten. Und das in allen Ländern Europas. Diese Spaltung der Gesellschaft wird mindestens eben so lange andauern wie die Pandemie selbst, vermutlich aber weit darüber hinaus.

Natürlich ist es momentan für die Politik mehr als schwierig, richtige Entscheidungen zu treffen, denn das Virus wartet auch nicht die langen Wege durch die Verwaltungen ab. In den nächsten Tagen wird sich das pandemische Geschehen wohl nicht beruhigen, vielmehr muss man damit rechnen, dass sich die Hochinzidenzgebiete rapide ausdehnen werden.

Und klar, das alles passiert zum blödesten Moment, gerade wo sich alle auf Glühweinabende in Jingle-Bells-Atmosphäre gefreut hatten. Aber so ist es eben.

Man kann aber jetzt nur hoffen, dass in den nächsten Tagen und Wochen die Gewalt nicht das Kommando auf der Straße übernimmt. Heute müssen einige Regionen wieder in den „Lockdown“. Andere Regionen nicht. Und warum genau weigert sich ganz Europa auch nach zwei Jahren noch, diese Pandemie gemeinsam zu bekämpfen? Weil das bisher alles so gut klappt?

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