Hubertus Heil fordert strengere, lokale Maßnahmen

Langsam wird es unheimlich – auch nach zwei Jahren der Pandemie glauben die Verantwortlichen der Politik immer noch, dass man eine weltweite Pandemie lokal bekämpfen kann.

Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil möchte die Pandemie im Hinterhof bekämpfen. Viel Glück dabei... Foto: ichneumon / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0

(KL) – Der Minister für Arbeit und Soziales Hubertus Heil (SPD), aber auch viele Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer, denken laut über neue, aber natürlich regional und lokal beschränkte Maßnahmen nach, angesichts immer weiter steigender Zahlen und des Rätselratens um die neue Variante „Omikron“. Nur auf die Idee, dass es vermutlich deutlich wirksamer wäre, würde man die Pandemie in Europa (oder auch alleine schon in Deutschland) gemeinsam bekämpfen, kommt die hohe Politik nicht. Reichen zwei Jahre des hilflosen Herumgemaches immer noch nicht aus, dass man endlich damit anfängt, eine weltweite Pandemie nicht im eigenen Hinterhof eindämmen zu wollen?

Die Forderung nach „strengeren, lokalen Maßnahmen“ zeigt, dass man in der Politik wohl immer noch davon ausgeht, dass dieses weltweite Phänomen lokal eingedämmt werden kann. Wie viele Jahre wird die Politik brauchen, bevor sie begreift, dass dieser Ansatz falsch ist? Lokal, regional und selbst national kann man im besten Fall die Momentaufnahme etwas entspannen, nicht aber eine Pandemie bekämpfen. Aber lieber bosselt jeder alleine vor sich hin, staunt, dass trotz immer höherer Impfquoten auch die Pandemie immer intensiver wird und so gar nicht verschwinden will und man weigert sich auch weiterhin, sich mit den nationalen und europäischen Nachbarn abzustimmen. Es ist zum Haareraufen. Was verspricht sich ein Hubertus Heil, oder auch ein Winfried Kretschmann und all die anderen von „strengeren, lokalen Maßnahmen“? In einer durch und durch mobilen Welt sind lokale Maßnahmen völlig sinnlos, denn das Virus spaziert durch die Regionen der Welt, wie es will. Ob dort nun „strenge, lokale Maßnahmen“ getroffen werden oder nicht.

Die Maßnahmen richten sich, wie sollte es anders sein, gegen die „Sündenböcke“ der Nationen, die nicht geimpften Personen. Denen kündigte der scheidende Gesundheitsminister Spahn bereits an, dass „2G“, also der faktische Ausschluss nicht geimpfter Personen vom öffentlichen Leben, „das ganze Jahr 2022 andauern“ könnte. Vermutlich will Spahn damit die Erpressung der nicht geimpften Personen imitieren, die in anderen Ländern bereits funktioniert. Nur – die angestrebte kollektive Immunität kann leider nicht einmal theoretisch erreicht werden, weswegen es deutlich mehr Sinn machen würde, alleine schon in unseren Grenzregionen die Maßnahmen zu harmonisieren und abzustimmen. Aber nein, lieber setzt man auf „strengere, lokale Maßnahmen“…

In Freiburg und anderen Städten Baden-Württembergs sind die Weihnachtsmärkte abgebrochen oder gar nicht erst gestartet worden. In anderen Städten zieht man sie durch. Und was machen die Badener, in deren Region momentan die Inzidenzen explodieren und die Krankenhaus-Ressourcen knapp werden? Richtig – sie fahren ins benachbarte Elsass, trinken ihren Glühwein mit Zehntausenden anderer Besucher auf den dortigen Weihnachtsmärkten und transportieren das Virus dorthin, wo die Inzidenzen gerade deutlich niedriger sind als in Baden. Was, bitteschön, wird die Konsequenz sein? Natürlich, die Inzidenzen im Elsass werden sich genauso entwickeln wie in Baden und zuvor in Bayern, Österreich und der Tschechischen Republik. Was da „strengere, lokale Maßnahmen“ bringen sollen, ist rätselhaft, vor allem, wenn man gleichzeitig alles daran setzt, die Zirkulation des Virus zu ermöglichen.

Mit dem Abbruch des Freiburger Weihnachtsmarkts hat die Stadt eine schwere Entscheidung getroffen. Eine „strenge, lokale Maßnahme“. Aber gleichzeitig sorgt die fehlende Konzertation dafür, dass die Menschen das Virus dann eben nicht in Freiburg, sondern im benachbarten Elsass verteilen. Da sei die Frage gestattet, was diese „strenge, lokale Maßnahme“ bringen wird, außer, dass die geographische Verteilung des Virus gefördert wird. Und da meint Hubertus Heil tatsächlich, dass wir „strengere, lokale Maßnahmen“ brauchen? Langsam drängt sich der Gedanke auf, dass wir vielleicht gar keine „strengeren, lokalen Maßnahmen“ brauchen, sondern Politiker, die in dieser Krise in der Lage sind, über den Tellerrand hinaus zu schauen und die Pandemie endlich als das begreifen, was sie ist: Ein weltweites Phänomen, das sich nicht im Geringsten um „strengere, lokale Maßnahmen“ schert. Aber so, wie es aussieht, wird Hubertus Heil sein Amt auch in der neuen Regierung behalten. Das Virus wird’s freuen…

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