Fake News, Informationen und politische Kommunikation

Woher kommen eigentlich die vielen Fake News? Es ist ein wenig einfach, mit dem Finger auf die Journalisten zu zeigen – in einer Zeit, in der Politiker lügen, dass sich die Balken biegen.

Mit der Behauptung, die Berichte von Anti-Trump-Demonstrationen seien "Fake News", hat Donald Trump selbst eine "Fake News" in die Welt gesetzt. Foto: ScS EJ

(KL) – Ausnahmsweise sind sich einmal alle einig – die Fake News sind ein großes Problem, ein Instrument der „schönen neuen Welt“, mit der man die öffentliche Meinung und sogar Wahlen manipulieren kann. Die Politiker auf der ganzen Welt sind empört, dass es so etwas gibt, verabschieden Gesetze, veranstalten Schulungen und sind sich alle einig: Die Fake News müssen bekämpft und eingedämmt werden. Das ist in Ordnung. Doch solange uns Journalisten niemand vor den Lügen der Politiker schützt, wird es auch weiterhin Fake News geben.

Es ist an der Zeit, einmal genau zu definieren, was eigentlich „Informationen“, „politische Kommunikation“ und „Fake News“ sind, wo sie herkommen und wie sie verbreitet werden. Eine „Information“ ist die Wiedergabe einer Tatsache, eines Ereignisses, einer Nachricht, die idealerweise vom Journalisten direkt vor Ort ermittelt und entsprechend dargestellt wird. „Politische Kommunikation“ hingegen ist die Vorbereitung einer Pressemitteilung, die ein Kommunikant für die Medien vorbereitet und die den Informationsgehalt beinhaltet, den der Kommunikant der Öffentlichkeit mitteilen will. Der Wahrheitsgehalt der „politischen Kommunikation“ geht häufig gegen Null, was bedeutet, dass Journalisten, die diese Kommunikation weitertragen, bereits selbst Opfer einer geschönten oder gar falschen Information von offizieller Stelle sind. Die „Fake News“ sind das, was dabei herauskommt. Die Fälle, in denen Journalisten willentlich eine Falschmeldung in die Welt setzen, sind eher die Ausnahme, denn solche klaren Falschmeldungen werden heutzutage innerhalb weniger Augenblicke widerlegt.

Ein gutes Beispiel für die Herkunft von „Fake News“ stammt ausgerechnet von demjenigen, der grundsätzlich alle als Lügner bezeichnet, die nicht das Hohelied auf seine Person singen – Donald Trump. Bei der Pressekonferenz mit Theresa May in London behauptete Trump, es hätte keine Demonstrationen gegen seinen Besuch in London gegeben. Und deshalb verbreiten alle, die behaupten, es habe Demonstrationen gegeben, „Fake News“. Nun, die Welt hat die Demonstranten und ihre Schilder gegen Trump gesehen und es ist folglich eine Tatsache, dass es diese Demonstrationen gegeben hat. Die öffentliche Behauptung Trumps, es habe diese Demonstrationen nicht gegeben, ist also die Mutter aller Fake News, die es zu diesem Thema gibt, gab und noch geben wird. Die „Schuld“ an dieser Fake News liegt also ganz klar bei demjenigen, der die anderen der Lüge bezichtigt.

Nicht immer ist der Ursprung solcher Fake News so klar ersichtlich wie im Fall von Donald Trump. Viele der Nachrichten, die Sie täglich lesen, sind in Wirklichkeit Halbwahrheiten bis Lügen. So ist es in öffentlichen Einrichtungen gang und gäbe, dass Pressemitteilungen erstellt werden, noch bevor die „News“, um die es geht, überhaupt stattgefunden hat. Da sich mittlerweile insbesondere Politiker, die laut für die Pressefreiheit und gegen neue Medien eintreten, angewöhnt haben, auf eine „Freigabe“ ihrer Interviews zu pochen (die sie dann in der Regel so modifizieren, dass sie darin gut aussehen), müssen viele Pressemitteilungen durch so viele Freigabeinstanzen in Verwaltungen, Rathäusern oder Ministerien gehen, dass man der Einfachheit halber die entsprechenden Pressemitteilungen bereits im Vorfeld erstellt. Auch das ist ein Ausgangspunkt für Fake News, der weder dem Publikum noch den Journalisten ins Auge springen kann. Woher soll ein Journalist auch wissen, dass die aktuelle Pressemitteilung zu einem hochkarätigen Meeting bereits drei Tage vor diesem Meeting geschrieben wurde?

Interessanterweise stören sich viele Politiker nicht an allen „Fake News“, sondern nur an denen, in denen sie nicht so gut aussehen. Es geht also weniger um die hehre Wahrheit der Information, sondern die Frage, wie man „Fake Nes“ gewinnbringend für sich selbst einsetzen kann. In solchen Fällen hält man sich dann auch zur Frage, ob eine Information eine Information oder eine Manipulation ist, weitgehend bedeckt.

Das Phänomen der „Fake News“ ist untrennbar mit der Unsitte der „politischen Kommunikation“ verbunden, bei der es sich keineswegs um die Information der Öffentlichkeit handelt, sondern um deren Manipulation. Wenn man das Thema ernsthaft behandeln will, reicht es nicht, mit dem Finger auf Journalisten zu zeigen, sondern man muss die Rolle aller Akteure im Kommunikations-Prozess genau beleuchten. Denn Fake News entstehen nicht im luftleeren Raum, sondern werden lanciert. In den wenigsten Fällen von Journalisten.

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