Führt Frankreich jetzt auch noch die Sippenhaft ein?

Präsident Macron will die Eltern straffälliger Jugendlicher „beim ersten Blödsinn“ bestrafen und zur Kasse bitten. Mit seinen populistischen Maßnahmen gefährdet der Mann die letzten Reste sozialen Friedens im Land.

Seltsam, dass dieser Mann offenbar Freude daran empfindet, Frankreich in einen repressiven Staat zu verwandeln. Foto: Eurojournalist(e) / CC-BY 2.0

(KL) – Eigentlich hatten die Franzosen 2017 und 2022 Emmanuel Macron zum Präsidenten Frankreichs gewählt, um der Gefahr der Rechtsextremen Marine Le Pen zu entgehen. Doch heute fragen sich immer mehr Franzosen, wie man sich in eine Situation manövrieren konnte, in der zweimal am Ende nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera bestand. Das, was Emmanuel Macron mit Frankreich anstellt, wird weitreichende Folgen haben und verursacht Schäden und Brüche in der Gesellschaft, deren Reparatur Jahre dauern wird, wenn sie überhaupt noch möglich ist. Nun also der nächste Anschlag auf die Franzosen. Macron will künftig Eltern von auffällig gewordenen Jugendlichen mit Strafen belegen. Vermutlich wird er auch damit durchkommen, denn diejenigen, auf die Macron zielt, haben weder Lobby noch Stimme in Paris. Abgesehen davon, dass Macrons Pläne rechtlich unhaltbar sind, zeigen sie, wie sich Macron die letzten vier Jahre seines Mandats vorstellt – Repression, digitaler Totalitarismus und die Gängelung seiner Landsleute. Da kommt einiges auf Frankreich zu.

Seit fünf Jahrzehnten hat Frankreich in seiner Städteplanung völlig versagt. Die vielen Einwanderer aus dem Maghreb und anderen Ländern wurden in Vorstadt-Ghettos gepfercht, in denen Parallelgesellschaften entstanden, die heute nicht mehr kontrollierbar sind. Da fällt es natürlich leicht, wenn der Staat seine Verantwortung für diese Entwicklung auf die schwächsten Glieder in der Kette der Gewalt abwälzt – die Eltern, die zumeist selbst Einwandererkinder der zweiten und auch dritten Generation sind, bei denen keine Integration stattgefunden hat und die angesichts der Handlungen ihrer Kinder völlig überfordert sind.

Einmal mehr erkennt man, dass Emmanuel Macron nicht die Spur einer Ahnung hat, unter welchen Bedingungen die sozial schwächsten Mitglieder der französischen Gesellschaft leben. Die Vorstellung, dass die Eltern in diesen rechtsfreien Zonen Zugriff auf ihre heranwachsenden Kinder haben, ist derart unrealistisch, dass man sich fragt, warum die Macht in den Pariser Salons eigentlich Milliarden für Berater ausgibt, von denen offenbar auch keiner versteht, was in den „Cités“ wirklich passiert.

Abgesehen vom Rechtsgrundsatz, dass man nur für Handlungen bestraft werden kann, die man selbst begangen hat, abgesehen vom Rechtsgrundsatz, dass Eltern zivilrechtlich für ihre Kinder haften, bis diese 14 Jahre alt sind, ist das Vorhaben Macrons ein erneuter Anschlag auf den schon gar nicht mehr existenten sozialen Frieden in Frankreich. Menschen für die Handlungen Dritter zu verfolgen, das hatten wir schon einmal in Deutschland. Damals nannte man das „Sippenhaft“. Dass Macron nun Vergleichbares in Frankreich durchsetzen will, zeigt im Grunde nur, wes Geistes Kind dieser Mann ist.

Die rechtsextreme Marine Le Pen, zu deren bestem Wahlhelfer sich Emmanuel Macron macht, kann sich freuen – für sie hat sich eine Autobahn zur Macht bei den nächsten Präsidentschaftswahlen 2027 eröffnet. Wenn sie dann an der Macht sein wird, kann sie auf ein Arsenal an Instrumenten der Repression und der digitalen Totalüberwachung zugreifen, das ihr Emmanuel Macron hinterlässt und mit dem Frankreich seinen Weg hin zu einer Art „Ungarn 2.0“ weitergehen kann.

Und langsam fragen sich immer mehr Franzosen, ob es nicht ein Riesenfehler war, Macron 2022 ein zweites Mandat zu spendieren. Das, was der Mann gerade mit Frankreich anstellt, wird sicherlich Einzug in die Geschichtsbücher finden. Allerdings wird eines Tages nichts in den Geschichtsbüchern stehen, was Macron gerne lesen wird…

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