Gauland, Höcke und der Nazi-Sprech

Die beiden ergänzen sich hervorragend. Der eine gibt den bürgerlichen Konservativen, der andere den aggressiven Neonationalisten. Und beide bedienen sich der gleichen Sprache – des Nazi-Sprech.

Es ist Zeit klare Positionen zu beziehen, statt den Wählerinnen und Wählern der Neonationalisten Honig ums Maul zu schmieren. Foto: Elke Wetzig / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 4.0int

(KL) – Die AfD steht nicht zu Unrecht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Denn die Neonationalisten träumen laut und offen von neuen Verhältnissen, in denen sie mit Begriffen und Ideologie hantieren, von denen man vergeblich gehofft hatte, dass sie nach 1945 ausgemerzt worden seien. Dabei sollte man sich nicht der Illusion hingeben, es gäbe „gute“, gemäßigte AfDler und die bösen Jungs vom „Flügel“, die sich untereinander nicht grün sind. Die Riege der alten Herren um Alexander Gauland bedient den Teil der Wählerschaft, der tatsächlich glaubt, die AfD sei eine Art strammere CSU, Bernd Höcke den Teil der Wählerschaft, der tatsächlich für neonazistische Ideen offen ist.

So kündigt Bernd Höcke an: „Ein paar Korrekturen und Reförmchen werden nicht ausreichen, aber die deutsche Unbedingtheit wird der Garant dafür sein, dass wir die Sache gründlich und grundsätzlich anpacken werden. Wenn einmal die Wendezeit gekommen ist, dann machen wir Deutschen keine halben Sachen, dann werden die Schutthalden der Moderne beseitigt.“ Hallo? Und er sieht sich bereits als der neue Führer: „Die Sehnsucht der Deutschen nach einer geschichtlichen Figur, welche einst die Wunden im Volk wieder heilt, die Zerrissenheit überwindet und die Dinge in Ordnung bringt, ist tief in unserer Seele verankert.“ Die Wunden im Volk? Eine moderne Dolchstoßlegende? Heilsbringer Höcke sieht das zukünftige Deutschland in Schwarzweiß: „Wir müssen uns entscheiden, ob wir Schafe oder Wölfe sein wollen und entscheiden uns dafür, Wölfe zu sein!“ – so gesagt beim Kyffhäusertreffen, einer Neonazi-Veranstaltung, an der auch seine Freunde von der Pegida teilnehmen. Der Letzte, der eine solche Terminologie verwendete, war 1928 Joseph Goebbels: „Wir kommen nicht als Freunde, auch nicht als Neutrale. Wir kommen als Feinde! Wie der Wolf in die Schafherde einbricht, so kommen wir!“

Gar nicht so weit weg von Bernd Höcke ist der bürgerlich auftretende Alexander Gauland, der im ZDF-Interview seine Partei als „Kampfgemeinschaft“ bezeichnete und die Ansicht vertrat, dass der Begriff „völkisch“ doch ein ganz normales Wort sei, über das es sich nicht lohnt sich aufzuregen. Dazu verstieg sich Gauland in seiner ruhigen, fast väterlichen Art zu Verschwörungstheorien, nach denen die Beobachtung durch den Verfassungsschutz eine Art Komplott der anderen Parteien gegenüber der AfD sei. Bei diesem Interview merkte man deutlich, dass sich Alexander Gauland und Bernd Höcke inhaltlich und auch sprachlich viel näher stehen, als sie das zugeben. Ihr angeblicher Richtungsstreit ist eine Inszenierung nach außen, um möglichst viele Wählerinnen und Wähler anzusprechen und – die Strategie geht auf.

Bernd Höcke, der sich ebenfalls gegenüber dem ZDF äußerte, bevor er das Interview mit dem Vorschlag abbrach, man möge doch nochmal von vorne anfangen, er sei nicht auf die Fragen vorbereitet gewesen, findet an seiner Ausdrucksweise nichts Schlechtes: „Ich finde es gut, wenn wir wieder Politiker haben, die auch den Mut haben, sich originell zu äußern und vielleicht auch eine Sprache verwenden, die manchmal vielleicht etwas zu sehr ins Poetische geht, auch das muss zulässig sein.“ Offensichtlich gibt es im Land der Dichter und der Denker sehr unterschiedliche Auffassungen darüber, das Poesie ist.

Mit diesem Nazi-Sprech sind Gauland und Höcke in der AfD keinesfalls die Ausnahme. Ob Beatrix von Storch, Enkelin des Finanzministers von Adolf Hitler, die am liebsten Flüchtlingsfamilien bei der illegalen Einreise erschießen lassen will (Nachfrage der entsetzten Journalistin: „Auch Frauen und Kinder?“ – Beatrix von Storch: „Ja:“), ob der brandenburgische AfD-Spitzenkandidat Andreas Kalbitz – der wenig poetische Nazi-Duktus zieht sich quer durch die AfD.

Die traditionellen Parteien machen einen Riesenfehler, wenn sie die Wählerschaft der AfD umschmeicheln, in der Hoffnung, den einen oder anderen zu ihnen ziehen zu können. Jedes Relativieren dieser Partei, ihrer Führer und ihrer Wählerinnen und Wähler trägt nur dazu bei, denjenigen Rückenwind zu geben, die heute wieder ungestraft von „entarteter Kultur“ sprechen.

Die „Wölfe“, die sich nicht einmal mehr verstecken, sind wieder unter uns und müssen mit allen Mitteln des Rechtsstaats bekämpft werden. Denjenigen, die diese Braun-Partei wählen, muss nicht Mitgefühl und Verständnis entgegen gebracht werden, sondern Ablehnung und die deutliche Nachricht, dass ihre Partei und deren Anhänger unter Beobachtung stehen.

Interessant ist, dass die „Wölfe“ der AfD sich für ihren Weg zur Machtergreifung die in Demokratie offenbar immer noch nicht so geübten „Schafherden“ im Osten ausgesucht haben. Praktisch alle Führer der AfD, also auch die erwähnten Gauland, Höcke, Von Storch und Kalbitz sind allesamt Wessis, die zuvor mit ihren extremistischen Einstellungen im Westen politisch gescheitert waren, dafür aber jetzt im Osten als „die neue Stimme des Ostens“ auftreten und damit eine geistig nicht so frische Wählerschaft ansprechen.

Die braunen Wölfe von der AfD und auch deren Wählerinnen und Wähler müssen gestoppt werden, bevor sie sich noch weiter ausbreiten können. Mit Wegschauen und „naja, die sind ja nicht alle Nazis“ ist es nicht mehr getan. Diese braune Pest ist real, wird von immer mehr Menschen gewählt und Deutschland steht kurz davor, die gleiche Entwicklung durchzumachen wie in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Wann wollen wir reagieren? Am Tag der Machtergreifung durch Bernd Höcke? Dann wird es zu spät sein, genau wie 1933.

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