Griechenland und der Euro: Die Zeit läuft davon

Die europäischen und internationalen Institutionen wollen Griechenland mit aller Macht aus dem Euro drängen. Was für das Land eine Katastrophe wäre.

Die Zeit für ihn wird immer knapper - und das Finanzeuropa macht sich eine Freude, Griechenland an den Abgrund zu drängen. Foto: Joanna / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 2.0

(KL) – Das war für Alex Tsipras sicher nicht einfach, am Wochenende das Telefon in die Hand zu nehmen und bei Angela Merkel und Jeroen Dijsselbloem, dem Chef der Eurogruppe, um Verständnis für die Lage seines Landes zu betteln. Doch auch, wenn man sich nach diesen Gesprächen auf bei offizielle Lesart „Die Gespräche verliefen in einem positiven Klima“ verständigte, wird immer klarer, dass die EU Griechenland an den Abgrund gedrängt hat und bereit ist, noch den letzten Schubser hinterher zu geben.

Dabei hat der Internationale Währungsfonds, einer der ganz großen Gläubiger Griechenlands, schon klar aufgezeigt, was in Griechenland nach einem eventuellen Austritt aus der Eurozone passieren würde – eine dramatische Entwertung der dann einzuführenden Währung, unerträgliche Preissteigerungen, eine Megainflation, eine weiter galoppierende Arbeitslosigkeit und ein noch weiter vertieftes Elend des griechischen Volks.

Es scheint den europäischen Institutionen inzwischen schon fast Spaß zu machen, Griechenland am Nasenring durch die Manege zu führen. Alleine das EU-Finanzministertreffen in Riga zeigte, wie man mit dem griechischen Partner umzugehen gedenkt. Da wurde der griechische Finanzminister als „Amateur“ und schlimmeres betitelt und die EU-Granden weigerten sich, ein konkretes Hilfsprogramm kurzfristig zu beschließen. Erst muss Athen nach Canossa gehen und sich dafür entschuldigen, dass man mit dem Anspruch angetreten war, Politik für Menschen statt für Finanzmärkte zu machen. Der Preis für eine eventuelle Hilfe für Griechenland ist hoch – Alex Tsipras müsste seine „linke“ Politik aufgeben und genau da weitermachen, wo sein Vorgänger Samaras das Land hin manövriert hatte. Nur – Samaras war Konservativer und eine brave Marionette der europäischen Marktinteressen und daher ist ihm niemand so in die Parade gefahren wie man es heute mit Tsipras und der Syriza tut.

Um zu zeigen, dass es Europa völlig egal ist, wie es mit Griechenland weitergeht, wurde das nächste Treffen der Eurogruppe auf den 11. Mai festgelegt – bis dahin könnte das Land pleite sein. Inmitten der größten sozialen Krise seit dem II. Weltkrieg lassen wir also das Land alleine und bieten Optionen an, mit denen das griechische Volk für Jahrzehnte in einem immer größer werdenden Elend versinkt – so schlecht hat die internationale Gemeinschaft nicht einmal Deutschland nach dem letzten Krieg behandelt.

Tsipras hat nun eine Wahl, die gar keine Wahl ist. Die großartigen Ratschläge der internationalen Experten, er möge die Drachme wieder einführen, diese nicht an den Euro koppeln und den Wechselkurs sofort freigeben, dürfte das Land für ewige Zeiten in ein wirtschaftliches Chaos stürzen, ohne Aussicht auf Besserung. Während Griechenland von einem Ausstieg aus dem Euro lediglich den Vorteil hätte, sich einfacher entschulden zu können, wäre der Preis dafür der Abschied der griechischen Wirtschaft von der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und der Abschied von Importen jedweder Art – Griechenland könnte ausländische Güter nicht mehr bezahlen.

Doch die einfachere Entschuldung hätte einen ziemlich üblen Nebeneffekt – der einzig noch funktionierende Sektor der griechischen Wirtschaft, der Tourismus, würde über Nacht zum Billigheimer verkommen – und man kann sich nur schwer vorstellen, wie angetrunkene deutsche und britische Billigurlauber am Pool liegen, über die günstigen Preise schwadronieren und sich aufführen wie eine erneute Besatzungsmacht.

Deutschland, das sich weigert, mit Griechenland über Reparationszahlungen oder selbst die Rückführung des von Nazideutschland vereinnahmten „Zwangskredits“ der griechischen Zentralbank zu sprechen, trägt eine große Mitschuld daran, was nun in Griechenland passieren wird. Noch ist es für einen Schuldenschnitt nicht zu spät – doch sollten die EU-Marionetten der Finanzmärkte es tatsächlich schaffen und Griechenland aus dem Euro heraus drängen, dann wird in der Folge Europa als Solidargemeinschaft der Völker auseinanderbrechen. All das, damit die Banken und privaten sowie institutionellen Spekulanten weiter ihre Gewinne einfahren können. Was dann wiederum bedeutet, dass die Europaskeptiker und Europagegner am Ende Recht hätten – denn dieses Europa, das ganze Völker ins Elend stößt, braucht wirklich niemand. Doch sollten sich die Henker Europas nicht zu früh die Hände reiben – die Gewalt, die sie dem griechischen Volk antun, wird sich schnell gegen sie selber richten: Unruhige Zeiten kommen auf Europa zu.

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.

*



Copyright © Eurojournaliste